Er saß auf der kalten Metallbank, eingehüllt in einen abgetragenen Mantel – einst getragen von seiner Zeit als Vorarbeiter im Wohnungsamt. Sein Name war Nikolai Andrejewitsch. Rentner, Witwer, Vater eines einzigen Sohnes und, wie er einst gedacht hatte, ein glücklicher Großvater. Doch eines Tages brach alles zusammen.
Als sein Sohn Olga nach Hause brachte, spürte Nikolai eine Gänsehaut. Ihre Energie war zu scharf, ihr Blick zu eisig, verborgen hinter einem charmanten Lächeln. Sie schrie nicht und verursachte keine Skandale – sie verdrängte schlicht und subtil alles aus dem Leben des Mannes, was ihr im Weg stand. Nikolai spürte es sofort, doch dann ließ sich nichts mehr ändern.
Zuerst verschwanden seine Habseligkeiten: Bücher wanderten auf den Dachboden, sein Lieblingsstuhl wurde „unnötig“, und dann verschwand der Wasserkocher. Dann kamen die Hinweise: „Papa, vielleicht solltest du öfter spazieren gehen? Die Luft tut dir gut.“ Bald kam der Vorschlag: „Vielleicht bist du im Altersheim oder bei Tante im Dorf besser aufgehoben.“
Nikolai antwortete nicht. Er packte einfach das Wenige zusammen, was von seinen Sachen übrig war, und ging. Keine Vorwürfe, keine Tränen, keine Bitten – nur Stolz und Schmerz, tief in seinem Herzen vergraben.
Wie ein Unsichtbarer irrte er durch die schneebedeckten Straßen. Nur eine Bank im Park gab ihm Halt – ein Ort, an dem er einst mit seiner Frau und später mit seinem kleinen Sohn spazieren gegangen war. Dort verbrachte er Stunden und starrte in die Leere.
An einem besonders kalten Tag, als ihm der Frost ins Gesicht biss und seine Augen vor Kälte und Trauer verschwammen, rief eine Stimme:
— Nikolai? Nikolai Andrejewitsch?
Er drehte sich um. Vor ihm stand eine Frau in einem warmen Mantel und mit Kopftuch. Er erkannte sie nicht sofort, aber die Erinnerung kam – Maria Sergejewna. Seine erste Liebe. Die, die er wegen seines Jobs verloren und dann vergessen hatte, als er Lydia heiratete.
Sie hielt eine Thermoskanne und eine Tüte selbstgebackenes Gebäck in der Hand.
— Was machst du hier? Du frierst ja…
Diese einfache, mitfühlende Frage wärmte ihn mehr als jeder Mantel. Nikolai nahm schweigend die Thermoskanne mit Tee und die Brötchen entgegen. Seine Stimme war längst verklungen, und sein Herz schmerzte so sehr, dass ihm nicht einmal die Tränen kamen.
Maria setzte sich neben ihn, als wäre zwischen ihnen keine Zeit vergangen, als wäre sie eingefroren.
„Ich gehe manchmal hier spazieren“, begann sie sanft. „Und du… warum bist du hier?“
„Es ist einfach ein vertrauter Ort“, lächelte er schwach. „Hier hat mein Sohn seine ersten Schritte gemacht. Weißt du noch?“
Maria nickte. Natürlich erinnerte sie sich.
„Und jetzt…“ – Nikolai seufzte – „ist er erwachsen, hat geheiratet und eine Wohnung bezogen. Seine Frau sagte: „Entscheide dich – mich oder deinen Vater.“ Er hat sich entschieden. Ich kann es ihm nicht verdenken. Junge Menschen haben ihre eigenen Sorgen.
Maria schwieg und betrachtete nur seine geröteten, von der Kälte rissigen Hände – so vertraut und doch so einsam.
„Komm zu mir, Nikolai“, schlug sie plötzlich vor. „Es ist warm, wir essen, morgen überlegen wir, wie es weitergeht. Ich koche dir Suppe, wir reden über alles. Du bist kein Stein, du bist ein Mensch. Und du solltest nicht allein sein.“
Er rührte sich lange nicht. Dann fragte er leise:
„Und du … warum bist du allein?“
Maria seufzte. Ihre Augen wurden glasig.
„Mein Mann ist vor langer Zeit gestorben. Mein Sohn … starb, bevor er geboren wurde. Danach – Leben, Arbeit, Rente, Katze und Stricken. Alles im Kreis. Du bist der Erste seit zehn Jahren, mit dem ich Tee trinke, nicht allein.“
Sie saßen lange da. Die Passanten wurden weniger, und der Schnee fiel sanft, als wollte er ihren Schmerz dämpfen. Am nächsten Morgen erwachte Nikolai nicht auf der Bank, sondern in einem gemütlichen Zimmer mit Gänseblümchenvorhängen. Die Luft duftete nach Kuchen. Draußen bedeckte der Winterfrost die Bäume. Und drinnen herrschte ein seltsames Gefühl des Friedens, als hätte ihm jemand sein Lebensrecht zurückgegeben.
— Guten Morgen! — Maria kam mit einem Teller Käsepfannkuchen herein. — Wann haben Sie das letzte Mal selbst gekocht?
— Vor etwa zehn Jahren, — lächelte Nikolai. — Mein Sohn und seine Frau bestellten meistens Essen.
Maria stellte keine Fragen. Sie fütterte ihn einfach, deckte ihn zu und schaltete im Hintergrund das Radio ein – damit es nicht so still war.
Tage vergingen. Dann Wochen. Nikolai schien wieder lebendig zu werden. Er reparierte Stühle, half im Haus und erzählte Geschichten von seiner Arbeit, wie er einen Kollegen vor einer Gasexplosion gerettet hatte. Und Maria hörte zu. Während sie ihm Suppe aus seiner Kindheit kochte, seine Socken wusch und Schals strickte, gab sie ihm, was er lange nicht mehr gespürt hatte – Fürsorge.
Doch eines Tages änderte sich alles.
Maria kam gerade vom Markt zurück, als sie ein Auto am Tor bemerkte. Ein Mann stieg aus, und Nikolai hätte ihn seinen Sohn genannt. Valery.
— Hallo… Entschuldigung… Wissen Sie, ob Nikolai Andrejewitsch hier wohnt?
Maria spürte, wie sich ihr Herz zusammenzog.
— Und wer bist du für ihn?
— Ich… ich bin sein Sohn. Ich habe ihn gesucht. Er ist gegangen, und ich wusste nicht… Olga ist gegangen. Es stellt sich heraus, die ganze Zeit… — er senkte den Kopf. — Ich lüge nicht. Ich war ein Narr.
Maria sah ihn eindringlich an.
— Komm herein. Aber vergiss nicht: Dein Vater ist kein Gegenstand, kein Möbelstück. Er muss nicht zurückkommen, nur weil du einsam geworden bist.
Jeden Abend sitzen Enkelkinder hier und halten die Hände ihrer Großmütter und Großväter. Denn Liebe besteht nicht in großen Zeremonien. Sie besteht darin, zu sagen:
„Ich habe dich gefunden. Jetzt bist du nicht allein.“