Ungebetene Gäste: Als Fremde in Meine Wohnung Einzogen

Nina drückte den Schlüsselbund fest an ihre Brust und lächelte so breit, dass ihre Wangen vor Freude schmerzten. Die Zwei-Zimmer-Wohnung in einem neuen Gebäude gehörte endlich ihr. Keine Schulden, keine Kredite – nur das Ergebnis ihrer eigenen Arbeit und Ausdauer.

„Herzlichen Glückwunsch zum Kauf!“ sagte die Agenturleiterin und übergab die Dokumente. „Ich wünsche Ihnen einen reibungslosen Einzug.“

Nina nickte, während ihre Stimme versagte. Die Freude stieg in ihr auf, und sie hätte jubeln können vor Glück.

Im leeren Apartment hallte jeder Schritt nach. Bedächtig ging Nina durch die Räume und plante die zukünftige Renovierung. Die Wände brauchten frischen Anstrich, der Boden sollte mit Laminat ausgelegt werden, und die Küche verlangte nach einer vollständigen Umgestaltung.

„Wir fangen klein an,“ flüsterte Nina und zog ein Notizbuch aus ihrer Tasche.

Vorbereitungen mit viel Liebe zum Detail

Die folgenden Wochen vergingen in einem erfreulichen Trubel. Nina suchte Fliesen für das Bad aus, blätterte in Möbelkatalogen und diskutierte mit Verkäufern über Farbtöne. Sanftes Beige fürs Schlafzimmer, helles Blau fürs Wohnzimmer – jede Nuance spiegelte ihre Vorstellung von einem behaglichen Zuhause wider.

„Dieses Sofa wäre ideal,“ murmelte sie, während sie durch einen Katalog blätterte.

Die Verkäufer gewöhnten sich allmählich an ihre Ansprüche. Nina hatte keinerlei Eile – die Wohnung sollte perfekt sein.

Bei ihrer Arbeit in der Bank beobachteten Kolleginnen und Kollegen begeistert ihre Verwandlung. Ihre Augen strahlten, ihr Gang wurde sicherer, ein Lächeln zeigte sich immer öfter auf ihrem Gesicht.

„Nina, dieser Kuchen ist wirklich lecker!“ rief Svetlana und nahm einen Bissen. „Was gibt’s zu feiern?“

„Ich habe die Renovierung abgeschlossen,“ antwortete Nina stolz und goss Tee ein. „Jetzt kann ich ohne Baustaub und Lärm ruhig wohnen.“

„Herzlichen Glückwunsch!“ klatschte Svetlana begeistert. „Übrigens möchte Petya dich kennenlernen. Er arbeitet in meiner Abteilung. Möchtest du mit ihm ausgehen?“

Nina zögerte kurz. Ihr Privatleben hatte lange unter Arbeit und Wohnungskauf gelitten. Doch nun, da ihr Hauptziel erreicht war…

„Okay,“ stimmte Nina zu. „Warum nicht?“

Eine neue Beziehung und die ersten Herausforderungen

Sechs Monate vergingen wie im Flug. Petya erwies sich als fürsorglich und aufmerksam. Ihre Beziehung entwickelte sich organisch und harmonisch. Zuerst Dates, dann zog Petya in Ninas Wohnung, schließlich der Heiratsantrag. Die Hochzeit war schlicht, dafür umso herzlicher.

Nach der Hochzeitsreise kam Schwiegermutter Galina Ivanovna zu Besuch. Sie inspizierte die Wohnung mit erfahrenem Blick und nickte bedächtig.

„Keine schlechte Einrichtung,“ resümierte sie, während sie sich an den Küchentisch setzte.

Nina bereitete Tee zu und legte Plätzchen auf, bemüht, einen guten Eindruck zu hinterlassen.

„Unsere Familie hat Traditionen,“ begann Galina Ivanovna und rührte den Zucker in ihrer Tasse um. „Kinder sollten im Haus der Eltern leben. Sie müssen für sie sorgen, helfen und den Älteren gehorchen.“

Nina lachte nervös und versuchte, das Thema scherzhaft zu wenden.

„Wir sind noch jung, Galina Ivanovna. Wir möchten gern selbstständig leben und unser eigenes Zuhause gestalten.“

Die Schwiegermutter schüttelte missbilligend den Kopf und klickte mit der Zunge.

„Jugend ist keine Ausrede, sich der Familientradition zu entziehen,“ stellte Galina Ivanovna fest und erhob sich vom Tisch.

Mürrisch verließ sie den Raum und hinterließ eine angespannte Stimmung. Nina begleitete sie zur Tür. Wie konnte ein einziger Satz die Atmosphäre so vollständig vergiften?

Konflikte und Versöhnungen im Alltag

Sobald die Tür sich schloss, lehnte Nina sich dagegen. Die Schwere des Gesprächs lastete auf ihren Schultern. Petya schnaubte und drehte sich um.

„Du hättest nicht so mit meiner Mutter sprechen sollen,“ begann er, während er sich im Wohnzimmer niederließ. „Sie hat in vielem recht.“

„Sie hat selbst im Haus meiner Großeltern gelebt,“ fügte Petya genervt hinzu. „So läuft das in unserer Familie.“

„Die Zeiten haben sich geändert,“ wandte Nina ein, die auf dem Sofa Platz nahm. „Junge Paare sind glücklicher, wenn sie ihr Leben selbst gestalten können.“

Petya winkte ab, als sei er müde von sinnlosen Diskussionen.

„Wir sprechen später. Ich muss am Computer noch etwas erledigen,“ murmelte er und verließ den Raum.

Allein im Wohnzimmer spürte Nina, wie sich der Kummer verstärkte. Der erste Streit als Ehepaar schmerzte mehr, als sie vermutet hatte.

Eine Woche verstrich in gespanntem Schweigen. Petya wich ernsten Gesprächen aus, und Nina versuchte, den Zustand ihrer Beziehung zu verstehen. Am Samstagmorgen backte sie in der Küche einen Kuchen, als ihr Mann plötzlich kam.

„Mama möchte sich auf ihre Weise entschuldigen,“ erklärte Petya und nahm ein Glas aus dem Schrank. „Sie hat Gutscheine für zehn Tage im Sanatorium gekauft.“

Nina wischte sich die Hände am Küchentuch ab und drehte sich vom Ofen um.

„Echt jetzt?“ Freude erfüllte ihre Stimme. „Also ist der Streit beigelegt?“

„Mama meint es gut mit uns,“ nickte Petya. „Willst du mitfahren?“

„Natürlich!“ rief Nina und umarmte ihren Mann. „Eine Pause tut uns wirklich gut.“

Erholung und Neubeginn

Die zehn Tage im Sanatorium vergingen erstaunlich schnell. Massagen, Schwimmen, Spaziergänge trugen zur Versöhnung bei. Petya wurde erneut aufmerksam und liebevoll, und Nina vergaß die kürzlichen Differenzen. Abends schlenderte das Paar durch den Park, schmiedete Zukunftspläne und träumte von Kindern.

Der Zug schaukelte sanft, und die Fahrt nach Hause ließ Nina die vorbeiziehenden Landschaften betrachten. Die Freude, zurück in die eigene Wohnung zu kehren, wärmte ihr Herz.

Am Bahnhof nahm Petya die Taschen und wollte zum Ausgang. Plötzlich hielt er inne.

„Lass uns zuerst zu meiner Mutter gehen und ihr für die Gutscheine danken,“ schlug er vor.

Nina schüttelte entschieden den Kopf und richtete ihre Tasche.

„Das machen wir bestimmt, aber erst nach Hause. Wir müssen uns umziehen und frisch machen nach der Reise.“

„Aber Mama wartet doch auf uns,“ beharrte Petya und griff nach ihrem Ellenbogen. „Es ist besser, gleich hinzugehen.“

„Petya, ich muss erst wieder zu mir selbst finden,“ riss sich Nina los und hob die Hand, um ein Taxi zu rufen. „Dann gehen wir zu Galina Ivanovna.“

Ihr Mann zog die Lippen zusammen, stieg wortlos in das wartende Auto ein.

Ein Schock zu Hause

In ihrem Haus stieg Nina die Treppe hinauf und sehnte sich nach der Geborgenheit ihres Zuhauses. Der Schlüssel drehte sich mühelos im Schloss, und die Tür öffnete sich. Doch sie erstarrte auf der Schwelle.

Fremde Hausschuhe standen im Flur. Stimmen drangen aus der Küche: Ein Frauenlachen, ein Kindergeplapper und eine tiefe Männerstimme. Nina trat näher und erblickte sie – eine unbekannte Familie, die an ihrem Küchentisch saß.

Die Blicke trafen sich, und alle waren völlig erstaunt. Die Zeit schien stillzustehen.

„Was passiert hier?“ Ninas Stimme zitterte vor Unglauben. „Wer gab euch das Recht, meine Wohnung zu betreten?“

Die fremde Frau mit dem Kind sah Nina verwirrt an. Der Mann stand verlegen auf.

Nina drehte sich zu Petya um und erwartete eine Erklärung. Doch er stand hinter ihr, konzentriert auf sein Handy tippend, ohne Überraschung in seinem Blick. Ein Schauer lief Nina über den Rücken.

Die Fahrstuhltür öffnete sich, und Galina Ivanovna trat selbstbewusst in den Flur.

„Ein kleines Missverständnis,“ sagte die Schwiegermutter ruhig und nickte zu den Fremden in der Wohnung.

Galina Ivanovna packte Nina am Ellbogen und zog sie Richtung Ausgang.

Draußen auf der Straße riss sich Nina los.

„Lass mich los! Erklär sofort, was hier vor sich geht!“

Wut durchströmte sie, und die Hände zitterten voller Empörung.

Die Schwiegermutter zog ihre Tasche zurecht und antwortete kühl:

„Ich habe deine Wohnung vermietet. Für sechs Monate im Voraus.“

Nina konnte nicht glauben, was sie hörte.

„Wie bist du in meine Wohnung gekommen?“

„Mein Sohn hat mir die Schlüssel gegeben.“

Verzweifelt wandte Nina sich an Petya, der schweigend in der Nähe stand.

„Petya, stimmt das?“ Ihre Stimme zitterte vor Verzweiflung. „Du hast ihr meine Schlüssel gegeben?“

Petya senkte den Blick, unfähig, seine Frau anzusehen.

Galina Ivanovna sprang ihm bei und behauptete schützend:

„Er hat richtig gehandelt. Junge Paare sollten bei den Eltern des Mannes leben. So bleibt euch keine Wahl.“

Nina starrte ihre Schwiegermutter fassungslos an. Es schien, als zerspränge ihre Welt.

„Das Geld wird der Familie zugutekommen,“ fuhr Galina Ivanovna lächelnd fort. „Ich weiß bereits, wofür ich es verwenden werde.“

Aus Schock wurde Zorn. Nina drehte sich um und ging schnell davon. Hinter ihr erklangen Rufe, jemand versuchte, sie aufzuhalten, doch sie hob die Hand zum Taxi rufen.

„Nina, komm zurück!“ rief Petya. „Lass uns in Ruhe reden!“

Nina stieg ins Auto und schlug die Tür zu.

Neuanfang mit rechtlicher Unterstützung

Bei ihrer Mutter erzählte Nina zitternd die ganze Geschichte. Yelena Pavlovna schüttelte den Kopf beim Zuhören.

„Ich kann kaum glauben, wie unverfroren und grausam Menschen sein können,“ sagte ihre Mutter traurig und umarmte sie. „Wie können sie es wagen!“

„Mama, was soll ich jetzt tun?“ schluchzte Nina und lehnte sich an ihre Schulter.

„Ich kenne einen Anwalt,“ sagte Yelena Pavlovna nachdenklich. „Der Sohn einer Freundin. Intelligent und helfen wird er auf jeden Fall.“

Nach drei Monaten Gerichtsverfahren siegte Nina vollkommen. Sie stand vor dem Gericht, die Scheidungsurkunde in der Hand. Petya wurde verurteilt, ihr 300.000 Rubel als Entschädigung für die unerlaubte Nutzung der Wohnung zu zahlen.

Galina Ivanovna tobte hinter ihr und schrie laut:

„Du hast das Leben meines Sohnes ruiniert! Wertlos und nutzlos!“

Nina wandte sich ruhig ihrer ehemaligen Schwiegermutter zu.

„Haben Sie es ruiniert? Sie haben das Leben Ihres eigenen Sohnes zerstört, indem Sie ihn zum Verräter erzogen haben.“

„Wie können Sie es wagen!“ kreischte Galina Ivanovna und trat wütend einen Schritt vor. „Wir wollten nur das Beste für die Familie!“

„Das Beste?“ Nina lachte bitter. „Sie haben meine Wohnung gestohlen und dachten, ich würde es einfach hinnehmen? Jetzt ist Ihr lieber Sohn ohne Ehefrau und ohne Geld.“

Die Schwiegermutter ballte die Fäuste und zischte:

„Sie wissen nichts über ein normales Familienleben!“

Nina stieg die Treppen hinunter und warf über die Schulter:

„Ich lebe nicht nach mittelalterlichen Regeln und werde niemals Sklavin in einer fremden Familie sein.“

Mit diesem Gedanken verließ sie den Ort – die Vergangenheit lag nun hinter ihr.

Fazit: Die Geschichte von Nina zeigt, wie wichtig es ist, für die eigenen Rechte einzustehen und sich nicht von überholten Traditionen einschränken zu lassen. Mit Mut, Entschlossenheit und rechtlicher Unterstützung kann man sogar schwierige familiäre Konflikte überwinden und einen Neuanfang wagen.