Die Herausforderung zwischen Beruf und Familie: Veronikas Geschichte

Die Schlüssel zu einem Dienst-BMW fühlten sich kalt in Veronikas Hand an, als sie das vierzehnte Stockwerk hinauffuhr. Seit zwei Monaten bekleidete sie die Leitung eines IT-Unternehmens namens „Digital Solutions“, nachdem sie anderthalb Jahre als stellvertretende Direktorin hart gearbeitet hatte.

Ein monatlicher Verdienst von fünfhunderttausend Rubel – genug, um endlich die Anzahlung für eine eigene Wohnung zu sparen.

Kaum hatte sie die Wohnungstür geöffnet, hörte sie die unzufriedene Stimme ihres Mannes:

„Veronika! Endlich!“

Igor stand in der Mitte der Küche, die Arme vor der Brust verschränkt. Das Abendessen fehlte auf dem Tisch, ein Berg schmutziges Geschirr türmte sich in der Spüle, und auf dem Herd waren fettige Flecken von vor einer Woche zu sehen.

Aus dem Wohnzimmer ertönte die Stimme von Schwiegermutter Walentina Petrowna:

„Was für ein Chaos hier! Die Jugend hat jegliches Verantwortungsbewusstsein verloren!“ – kommentierte sie eine Fernsehsendung.

„Wo bleibt das Essen?“ fragte Igor seine Frau mit einem Blick, der sie fast eines Verbrechens bezichtigte. „Ich kam um sieben nach Hause, und jetzt ist es schon neun!”

Veronika zog ihre Schuhe aus, während ihre Füße nach einem zehnstündigen Arbeitstag schmerzten. Verhandlungen mit Investoren, drei Meetings, eine dringende Präsentation hatten ihr den Tag ausgefüllt.

„Igor, entschuldige, heute war ein harter Tag. Ich koche schnell etwas…“

„Schnell kochen?“, spottete er. „Und was hätte ich die letzten zwei Stunden essen sollen? Luft?“

Sie öffnete den Kühlschrank und fand Reste von Suppe und etwas Wurst.

„Man hätte die Suppe aufwärmen oder ein paar Sandwiches machen können.“

„Sandwiches? Ich bin kein Student! Ich bin achtundzwanzig, verheiratet, arbeite hart und soll mich zu Hause nur von Sandwiches ernähren?“

„Igor, bitte schrei nicht. Ich verstehe es, aber seit meiner Beförderung komme ich kaum noch hinterher… Ich arbeite zehn Stunden, manchmal länger…“

„Natürlich kommst du nicht hinterher!“ – er wies auf die Spüle. „Das Geschirr wäscht sich nicht von selbst, der Staub auch nicht. Was passiert hier überhaupt? Du bist keine Ehefrau mehr, Veronika, sondern eher eine Besucherinnenfigur, die kommt und geht.“

Die Ehefrau schwieg einen Moment und schlug zaghaft vor:

„Igor, vielleicht könnte Mama ab und zu helfen? Zum Beispiel das Geschirr spülen oder Suppe aufwärmen…“

„Was?“, explodierte er vor Wut. „Meine Mutter ist krank! Und du weißt genau, dass sie unter hohem Blutdruck leidet und Arthrose in den Knien hat. Es fällt ihr schwer zu gehen! Willst du sie zum Helfen zwingen?“

Aus dem Wohnzimmer erklang die Stimme von Walentina Petrowna:

„Was ist denn los? Igor, mach dir keine Sorgen, mein Knie tut weh, aber ich nehme Medikamente… Wenn du wegen meiner Beschwerden mit deiner Frau streitest.”

„Hörst du?“, sagte Igor und deutete auf das Wohnzimmer. „Sie fühlt sich schlecht, und du… Herrgott, wo ist die Frau, die ich geheiratet habe? Diejenige, die das Haus gemütlich gemacht, gekocht und sich um die Familie gekümmert hat?“

Veronika spürte einen Kloß im Hals:

„Ich gebe mir Mühe, glaub mir. Und die Position habe ich nicht aus Spaß angenommen. Wir brauchen dieses Geld! Wir wollen eine Wohnung kaufen und die Hypothek abbezahlen…“

„Geld, Geld!“, fing ihr Mann nervös seine Jacke. „Ich habe genug! Ich esse im Café. Ich halte dieses Chaos hier nicht mehr aus!“

Die Tür schlug zu.

Veronika stand in der Küche und starrte auf den Berg Geschirr. Tränen liefen ihr über die Wangen. In manchen Punkten hatte Igor Recht: Sie hatte das Heim vernachlässigt. Aber wie müde sie war! Und das Geld war wirklich notwendig – ohne ihr Gehalt würden sie nie eine Anzahlung für die Wohnung schaffen.

Wichtiges Detail: Ein hohes Einkommen bringt keine Erfüllung, wenn das familiäre Gleichgewicht verloren geht.

Konflikte und die Erwartungen zuhause

Am nächsten Morgen ging Igor zur Arbeit, ohne sich zu verabschieden. Veronika stand bereits um fünf Uhr auf, um die Küche zu säubern und das Frühstück vorzubereiten. Während sie sich auf den Weg zur Arbeit machte, erschien Walentina Petrowna in ihrem Bademantel.

„Liebling, warum kochst du keinen Brei? Der Arzt hat mir empfohlen, morgens warme Speisen zu essen“, beklagte sie sich beim Anblick der Sandwiches.

„Entschuldigung, Walentina Petrowna, ich hatte keine Zeit. Ich musste gestern lange das Geschirr spülen.“

„Ja, ja… Und warum war Igor gestern so schlecht gelaunt?“

Veronika schwieg und machte sich auf den Weg ins Büro.

Der Arbeitstag verging in gewohntem Tempo: Meetings, Berichte, Telefonate. Doch am Abend bemerkte die Frau, dass sie den ganzen Tag nur an zu Hause gedacht hatte.

„Wie soll ich nur alles unter einen Hut bekommen?“

Als sie gegen halb neun zurückkam, fand sie Igor am Computer vor, vertieft in ein Videospiel. Die Küche lag wieder im Chaos, offensichtlich hatte er nur eine Kleinigkeit gegessen, ohne aufzuräumen.

„Hallo“, sagte Veronika leise.

„Hi“, brummte er, ohne aufzuschauen.

Sie zog sich um und begann sofort mit dem Kochen. Nach einer halben Stunde, als der Duft von Bratkartoffeln durch die Wohnung zog, kam Igor in die Küche.

„Ich habe gestern nachgedacht. Vielleicht solltest du dir eine andere Arbeit suchen, weniger stressig“, schlug er vor.

Veronika erstarrte mit dem Kochlöffel in der Hand: „Andere Arbeit?“

„Ja, eine halbtags. Die Leitung ist zu viel für Frauen, zu viel Verantwortung. Dann wärst du mehr zu Hause.“

„Igor, aber das Gehalt… Wir sparen doch auf die Wohnung.“

„Sparen wir – aber zerstören dabei die Familie. Was nützt das Geld, wenn die Ehefrau zur Unsichtbaren wird?“

Veronika reichte ihm einen Teller. Igor probierte die Kartoffeln und verzog das Gesicht:

„Zu salzig.“

„Entschuldige!“

„Früher hast du das nie gemacht. Siehst du? Du hast sogar das Kochen verlernt.“

Nach dem Essen spülte Veronika das Geschirr, während Igor wieder den Computer einschaltete. Walentina Petrowna kommentierte aus dem Wohnzimmer laut die Nachrichten:

„Früher hatten Ehemänner Respekt vor ihren Frauen! Und jetzt wollen alle Frauen Chefinnen sein! Was ist bloß los mit der Welt?“

Veronika dachte schweigend über die Worte ihres Mannes nach. Vielleicht hatte er Recht? Sollte sie wirklich eine einfachere Arbeit suchen? Doch dann müssten sie die Wohnung für immer vergessen, ebenso wie ihre Unabhängigkeit.

Sie hatte gerade erst begonnen, sich als Berufstätige zu fühlen und Freude an ihrem Job zu haben…

Wochen der Belastung und eine unerwartete Entscheidung

Die folgenden Tage verliefen in demselben Trott: lange Arbeitstage, der Versuch, zu Hause alles zu schaffen, die Ablehnung von Igor und die ständigen Bemerkungen der Schwiegermutter, wie eine „gute Frau“ zu sein habe.

Doch am Freitag ereignete sich etwas, das alles verändern sollte.

Veronika kam um sieben nach Hause – ein seltenes Glück, denn alle Angelegenheiten waren früher beendet als gewöhnlich. Igor saß gut gelaunt in der Küche, summte leise und blätterte in einigen Unterlagen.

„Hallo“, sagte Veronika vorsichtig. „Wie geht es dir? Du bist heute irgendwie fröhlich.“

„Ah, du bist zurück!“, lächelte er breit. „Bald wirst auch du dich freuen. Ich habe eine Lösung für unser Problem gefunden!“

„Welches Problem?“

„Na, das Haus, deine Arbeit, dieses ganze Chaos.“

Langsam setzte sie sich ihm gegenüber: „Und was ist die Lösung?“

„Ganz einfach! Da du jetzt die Chefin bist und fünfhunderttausend verdienst, konnte ich nicht kündigen, also habe ich das selbst getan!“

Veronika fühlte, wie ihr der Boden unter den Füßen entglitt: „Du… was?“

„Ich habe heute gekündigt!“, strahlte Igor. „Ich kümmere mich von nun an um das Haus. Zumindest teilweise, um das Wichtigste. Du sorgst für mich und Mama. Problem gelöst!“

Aus dem Wohnzimmer ertönte die zufriedene Stimme von Walentina Petrowna:

„Richtig, mein Sohn! Wozu Stress, wenn deine Frau so viel verdient?“

Veronika saß sprachlos da, unfähig auch nur ein Wort herauszubringen. Nur ein Gedanke fuhr ihr durch den Kopf:

„Was passiert hier eigentlich?“

Konflikte um Finanzen und Haushalt

„Machst du Witze?“ fragte sie schließlich.

„Keineswegs!“, lehnte Igor sich zufrieden zurück. „Ich habe alles durchdacht. Dein Gehalt deckt unsere Ausgaben und bleibt sogar übrig.“

„Aber du hattest doch einen guten Job. Hunderttausend sind viel Geld! Und du solltest befördert werden, hast du doch selbst gesagt.“

„Planen sie oder nicht – in einer Familie muss nur einer Karriere machen: Entweder ich oder du. Sonst kommt keiner hinterher.“

„Warum hast du nicht mit mir gesprochen, bevor du gekündigt hast?“

„Wozu reden?“, zuckte er gleichgültig mit den Schultern. „Sieh dich doch mal um! Überall Staub, das Geschirr türmt sich, wir essen Fast Food und Fertiggerichte. So will ich nicht leben.“

Aus dem Wohnzimmer kam Walentina Petrownas Stimme:

„Richtig, mein Sohn! Ein Haus braucht eine Herrin oder zumindest einen Hausherrn.“

Veronika schielte ärgerlich zur Schwiegermutter. Diese wohnte seit drei Jahren bei ihnen, aber ihr maximaler Beitrag zum Haushalt war eine Tasse selbst gespülten Geschirrs. Und selbst das nicht immer.

„Walentina Petrowna, könnten Sie nicht wenigstens ab und zu helfen? Zum Beispiel Suppe aufwärmen oder das Geschirr spülen?“

„Veronitschka,“ jammerte die Schwiegermutter, „ich habe Arthrose. Der Arzt hat mir geraten, meine Gelenke nicht zu belasten. Und mein Blutdruck schwankt…“

„Genau deshalb!“, kommentierte Igor mürrisch. „Mama ist krank, und du willst sie hier noch schuften lassen? Unmöglich!“

„Igor, ich zwinge sie doch nicht! Aber sie sitzt den ganzen Tag zu Hause, sie könnte…“

„Sie ist im Ruhestand! Hat ihr ganzes Leben gearbeitet und verdient nun Ruhe.“

Veronika ballte die Fäuste. Walentina Petrowna war Krankenschwester und mit 55 Jahren pensioniert. Tatsächlich litt sie unter Arthrose, aber dennoch ging sie regelmäßig dreimal pro Woche einkaufen oder zu Freundinnen auf einen Tee.

„Hör zu, Veronika,“ stand Igor auf und ging zu ihr, „du hast doch selbst gesagt, dass du zu Hause nichts schaffst. Jetzt ist das Problem gelöst. Ich mache den Haushalt.“

„Was genau wirst du tun?“

„Nun… Ordnung halten. Manchmal einfache Gerichte kochen. Einkaufen gehen.“

„Und was ist mit Waschen, Putzen, Bügeln?“

„Klamotten in die Waschmaschine stecken ist kein Problem. Eine Reinigungskraft können wir uns einmal pro Woche leisten. Jetzt haben wir ja das Budget dafür.“

„Also kannst du eine Putzfrau engagieren, aber selbst nicht putzen?“

„Warum auch, wenn man Profis bezahlen kann?“ Igor schien es nicht zu verstehen. „Ich beschäftige mich lieber mit etwas Sinnvollem. Ich möchte Fotokurse machen und eventuell ein eigenes Geschäft starten.“

Veronika sah ihren Mann an und wusste, dass jede Diskussion sinnlos war. Er hatte bereits eine perfekte Vorstellung im Kopf: Er als kreative Persönlichkeit, sie als Hauptverdienerin.

„Und wie viel kosten diese Kurse?“ fragte sie müde.

„Fünfzigtausend für den Komplettkurs, plus Ausrüstung.“

„Igor, was, wenn ich morgen Probleme auf der Arbeit habe? Wenn ich entlassen werde?“

„Das wird nicht passieren! Du machst deine Arbeit gut.“

„Und wenn doch?“

„Dann finden wir eine Lösung“, zuckte er mit den Schultern. „Vielleicht habe ich bis dahin mein Fotogeschäft zum Laufen gebracht.“

Veronika wusste, dass das Gespräch beendet war. Es war zu spät, um noch etwas zu besprechen. Igor hatte bereits gehandelt und Entscheidungen getroffen. Nun blieb nur abzuwarten, wie es weiterginge.

Die anfangs gute Motivation und der Abwärtstrend

Die ersten drei Wochen liefen erstaunlich gut.

  • Er saugte täglich.
  • Wischte Staub.
  • Abendessen stand bis sieben Uhr auf dem Tisch.

Der Kühlschrank war voll mit frischen Lebensmitteln, die Spüle blitzblank.

Veronika erkannte die Wohnung kaum wieder.

Walentina Petrowna nickte zufrieden vom Sofa: „So muss ein Mann im Haushalt sein.“

„Igor, du machst das gut“, sagte Veronika beim Essen, während sie sein berühmtes Hühnchen in Sahnesoße probierte. „Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich zuletzt zu Hause so gut gegessen habe.“

Igor strahlte vor Stolz.

„Morgen mache ich dein Lieblingsrisotto. Auf den Fotokursen habe ich viele interessante Leute kennengelernt. Einer hat sein eigenes Restaurant eröffnet. Er meint, Food-Fotografie sei jetzt sehr gefragt.“

„Oh?“ Veronika sah ihren Mann interessiert an. „Wir haben lange nicht so entspannt miteinander gesprochen.“

„Ja. Ich denke, das könnte mein Spezialgebiet werden: Essen, Restaurants, Cafés. Der Markt ist riesig.“

Als Igor vierzigtausend Rubel für Basis-Fotoausrüstung verlangte, lehnte Veronika nicht ab. Das Haus hatte sich verändert, ihr Mann schien sich selbst gefunden zu haben, und der Haushalt konnte solche Ausgaben tragen.

„Natürlich, kaufe es“, sagte sie. „Das ist ja dein neues Vorhaben.“

Doch schon eine Woche nach dem Kauf änderte sich die Situation.

Veronika kam nach Hause, aber es gab kein Abendessen. Igor saß am Computer und bearbeitete Fotos.

„Igor war heute müde“, erklärte Walentina Petrowna. „Er hat den ganzen Tag an seiner Kursarbeit gearbeitet.“

„Das ist in Ordnung“, lächelte die Schwiegertochter. „Ich mache schnell etwas zu essen.“

Am nächsten Tag wiederholte sich das gleiche, und am folgenden Tag ebenfalls. Igor verbrachte immer mehr Zeit am Computer, und das Chaos im Haus kehrte langsam zurück.

„Igor, wie sieht es mit der Reinigung aus?“ fragte Veronika am Wochenende, während sie die staubigen Regale betrachtete.

„Ich mache das noch“, brummte er und blickte nicht vom Bildschirm auf. „Siehst du, ich habe wichtige Arbeit. Ich stelle mein Portfolio zusammen.“

„Und wer kocht?“

„Wir bestellen einfach Essen. Das Budget ist ja jetzt gut.“

Nach einem Monat war das Haus im gleichen Zustand wie vor Igors „Haushaltsführung“. Dafür verlangte er zunehmend Geld für weitere Ausrüstungsgegenstände.

„Ich brauche ein gutes Objektiv“, sagte er beim Frühstück. „Ohne bekomme ich keine anständigen Fotos.“

„Wie viel kostet das?“

„Dreißigtausend. Und ein professionelles Stativ für fünfzehntausend.“

„Das ist schon das dritte Stativ in einem Monat!“

„Die anderen sind nicht für Makrofotos geeignet“, antwortete Igor genervt. „Versuch nicht, klüger zu wirken, wenn du nichts verstehst!“

Die Spannungen zwischen beiden wuchsen.

Der letzte Tropfen war, als Veronika Igor zehntausend Rubel für Lebensmittel gab, aber nach zwei Tagen im Kühlschrank nur noch Kefir und etwas Wurst vorfand.

„Igor, wo sind die Lebensmittel?“

„Welche Lebensmittel?“ Er hob den Blick nicht vom Computer.

„Ich habe dir Geld fürs Essen gegeben.“

„Ach ja… Ich habe mir einen Diffusor für den Blitz gekauft. War eine wichtige Anschaffung.“

„Igor!“ Veronika platzte der Kragen. „Womit sollen wir denn essen?“

„Dann bestellen wir Pizza. Wir verhungern doch nicht.“

Veronika erkannte, dass diese Situation nicht länger tragbar war.

Ein überraschender Wendepunkt

Die Lösung kam völlig unerwartet während einer Montagsbesprechung. Kollegin Marina klagte über ihre Haushaltshilfe:

„Stell dir vor, sie will mehr Gehalt, arbeitet aber schlampig.“

„Wie viel zahlst du ihr?“ fragte Veronika.

„Dreißigtausend für drei Tage in der Woche.“

„Danke, ich hab’s verstanden!“ Veronika lächelte zufrieden.

Am Abend kam sie mit einem klaren Plan nach Hause. Igor saß am Computer, Walentina Petrowna sah fern.

„Familienrat“, kündigte Veronika an und schaltete TV und Computer aus.

„Was für eine Manier!“ empörte sich die Schwiegermutter.

„Ich meine es ernst. Setzt euch, wir reden.“

Igor kam widerwillig zum Tisch.

„Wenn du wieder über Hausarbeit redest – ich habe dir doch erklärt, dass kreative Menschen Inspiration brauchen…“

„Schweig und hör zu“, schnitt Veronika ihm das Wort ab. „Du bist seit zwei Monaten arbeitslos. In der Zeit hast du hundertfünfzigtausend Rubel für deine Fotografie ausgegeben. Resultat: keine Fotoshootings, keine Aufträge, und das Haus ist ein Chaos.“

„Ich lerne noch…“

„Und ich bezahle das. Ab morgen gibt es hier neue Regeln.“

Sie zog einen Notizblock hervor:

  1. „Igor, als Hausmann bekommst du ein Gehalt. Dreißigtausend pro Monat – so viel verdient die Haushaltshilfe meiner Kollegin für drei Tage pro Woche. Du arbeitest sieben Tage, bekommst deshalb etwas mehr.“
  2. „Fünfzigtausend. Das reicht für deine Taschengelder und Kurse. Der Rest gehört mir, da ich das Geld verdiene.“

„Was?“ starrte er sie an.

„Du bist verrückt! Ich bin dein Ehemann, kein Angestellter!“

„Dann such dir einen Job und verdiene als Mann.“

„Und wer kümmert sich um den Haushalt?“

„Ich stelle eine Putzfrau ein. Für dieselben dreißigtausend, aber sie arbeitet zuverlässig.“

Walentina Petrowna versuchte einzuschreiten:

„Veronika, wie kannst du so mit deinem Sohn sprechen…“

„Walentina Petrowna,“ wandte sich Veronika an die Schwiegermutter, „du bist auch Teil der Familie. Du musst auch am Familienbudget teilnehmen. Deine Rente beträgt fünfundzwanzigtausend. Fünfzehntausend gibst du für Nebenkosten und Lebensmittel, zehntausend bleiben für dich.“

„Wie bitte?! Das ist doch mein Geld!“

„Und die Wohnung gehört mir. Das Essen, das du isst, auch. Wenn du kostenlos wohnen willst, musst du im Haushalt helfen. Wenn nicht, zahlst du Miete.“

Igor wurde rot im Gesicht:

„Was machst du da? Wir sind eine Familie!“

„Genau. In einer Familie trägt jeder seinen Anteil zu den gemeinsamen Ausgaben bei, nicht nur einer.“

„Aber ich mache den Haushalt!“

„Dann mach es richtig. Frühstück, Mittag und Abendessen pünktlich. Tägliche Reinigung. Wäsche waschen und bügeln. Einkaufen. Und keinen weiteren Geldwunsch für Fotoausrüstung. Fünfzigtausend und das war’s!“

„Und wenn ich nicht einverstanden bin?“

„Dann such dir morgen Arbeit. Ich stelle eine Putzfrau ein.“

„Das ist ein Ultimatum!“

„Das ist Gerechtigkeit“, erwiderte Veronika ruhig. „Zwei Monate habe ich zugesehen, wie ihr auf meine Kosten lebt und unzufrieden seid. Jetzt reicht es.“

Walentina Petrowna schluchzte:

„Igor, was ist nur los?“

„Mama, weine nicht“, lief Igor nervös durch die Küche. „Sie spielt die große Chefin, seit sie Direktorin geworden ist.“

„Also keine Einigung?“

„Wir werden darüber nachdenken“, grummelte Igor.

„Dann denkt bis morgen. Ich gehe jetzt essen. Im Café. Für mein Geld.“

Die Entscheidung und ein Neuanfang

Doch es änderte sich nichts.

Walentina Petrowna ignorierte Veronikas Worte und ließ sich weiter auf dem Sofa nieder, wo sie Anweisungen erteilte.

Igor suchte keine Arbeit und verdiente keinen Cent mit der Fotografie. Seine finanziellen Forderungen stiegen weiterhin an.

Zwei Wochen später bot das Schicksal Veronika die perfekte Gelegenheit, sich von diesen Bittstellern zu befreien. Mutter und Sohn fuhren an ein entferntes Verwandtenwochenende. Walentina Petrowna hatte vor, sich über die undankbare Schwiegertochter zu beschweren.

Am Samstagmorgen sammelte Veronika methodisch deren Sachen zusammen und stellte die Taschen vor die Wohnungstür. Danach beauftragte sie einen Schlosser, alle Schlösser auszutauschen.

Am Sonntagabend, als sie zurückkehrten und vor der Tür wüteten, war ihr das gleichgültig. Sie drehte die Musik auf und trank gelassen Tee.

Am Montagmorgen reichte sie auf dem Weg zur Arbeit die Scheidung ein.

Sie wollte keine Herberge für faul gewordene Erwachsene mehr sein. Ihr neues Leben begann genau heute.

Fazit: Die Geschichte zeigt eindrucksvoll, wie herausfordernd es sein kann, Beruf und Familienleben in Einklang zu bringen. Kommunikation, gegenseitige Unterstützung und klare Absprachen sind entscheidend, um ein harmonisches Zusammenleben zu ermöglichen. Veronikas Mut, Konsequenzen zu ziehen, ist ein Beispiel dafür, wie man für sich selbst und seine Zukunft einstehen kann.