Der Flur war still. Nur das Echo der Schritte der Schüler hallte von den Wänden, wenn sie stehen blieben. Nora hielt immer noch Elinas Hand, bemühte sich, selbstbewusst zu wirken, doch ihre Finger zitterten leicht.
— „Warum starrst du so? Glaubst du, du bist besser als wir?“
Elina blickte ruhig zurück, sagte kein Wort. Keine Angst, keine Wut – nur eine kühle Gelassenheit, die Noras Nackenhaare aufstellte.
Ein Luftzug fuhr durch den Flur, ließ die Ecken der Plakate an den Wänden flattern. Neugierige Blicke schlüpften durch geöffnete Türen. Eine von Noras Freundinnen flüsterte:
— „Lass sie, Nora… Irgendwas stimmt nicht mit diesem Mädchen…“
Doch Nora wollte nicht nachgeben.
— „Merke dir eins: Wer hier das Sagen hat, das entscheide ich!“
Elina zog ihre Hand elegant, aber bestimmt zurück.
— „Niemand hat dich gewählt, um zu führen.“
Ihre Stimme war ruhig, klar, sachlich — ein Fakt. Zum ersten Mal spürte Nora die Kontrolle aus ihren Händen gleiten.
— „Pass auf, was du sagst, Mädchen!“
Elina machte einen Schritt nach vorn. Klein, zierlich, doch mit einem Blick, der warnte.
— „Ich habe gesagt: Provokationen interessieren mich nicht.“
Die Stille danach war fast greifbar. Dann flackerten plötzlich die Deckenlichter. Ein leises Brummen durchlief den Flur, ein schwacher Windstoß ließ Papiere von einem Schreibtisch fliegen.
— „Was… was ist das?“ — murmelte eine Schülerin.
Elina schloss kurz die Augen. Die Luft um sie herum wirkte dichter, geladen. Als sie sie wieder öffnete, spiegelte sich ein blasses Licht in ihren Pupillen.
Nora machte einen Schritt zurück.
— „Was… bist du?“
Elina lächelte, aber es war kein Siegslächeln. Es war ein stiller Hinweis.
— „Ich habe dir gesagt, dass du das nicht herausfinden willst.“
Ein Schauder ging durch die Menge. Einige Schüler zückten ihre Handys, doch niemand wagte zu filmen. Die Atmosphäre war elektrisierend.
Dann normalisierte sich das Licht, alles war wieder still. Elina ging an Nora vorbei, warf ihr einen letzten Blick zu:
— „Ich suche keine Konflikte. Aber ich lasse sie auch nicht zu. Merk dir das.“
Und dann verschwand sie. Der Flur war wieder still.
Nora stand wie gelähmt da, unfähig, ein Wort zu sagen. Als sie ihre Stimme endlich zurückgewann, war Elina schon im Klassenzimmer verschwunden.
Ihre Freundinnen sahen sich an, diesmal ohne Lachen.
— „Hast du gesehen, was mit dem Licht passiert ist?“
— „Ja… und wie sie dich angeschaut hat?“
— „Vielleicht… sollten wir sie einfach in Ruhe lassen.“
Zum ersten Mal antwortete Nora nicht. Sie fuhr sich nur durch die Haare und starrte ins Leere, mit einem seltsamen Knoten im Magen.
In den folgenden Tagen wagte niemand mehr, Elina Duval zu verspotten.
Manche sagten, es sei Zufall gewesen. Andere schworen, dass sich die Luft in diesem Moment verändert hatte.
Doch eines war sicher: Von diesem Tag an wagte niemand in der Saint-Laurent-Schule, sie noch einmal herauszufordern.