Die Tragödie einer Mutter: Acht Jahre in der Einsamkeit

In einer abgelegenen und unfruchtbaren Bergregion — wo nur Einheimische kamen, um Brennholz zu sammeln und vor Einbruch der Dunkelheit zurückkehrten — befand sich eine alte Hütte im Schatten uralter Bäume. Nur wenige wussten, dass dort vor acht Jahren eine Tragödie begann, die noch immer das ganze Dorf erschüttert, wann immer sie daran denken.

Aling Le, nun 90 Jahre alt, war einst die fleißigste und stärkste Frau der Gegend. Sie zog alleine ihre drei Kinder groß. Doch beim Älterwerden wurde sie zur Belastung für jene Kinder, die sie einst mit so viel Hingabe großgezogen hatte.

Von den drei Kindern war der zweite — Hoa — ihre größte Hoffnung. Er war freundlich, fleißig und sagte häufig, dass er seine Mutter „nicht wie andere in der Gesellschaft verlassen würde“. Doch alles änderte sich, als er heiratete.

Ly, Hoas Frau, war keine schlechte Person, jedoch clever und sehr pragmatisch. Sie beklagte sich ständig über die Verantwortung, sich um ihre alte Schwiegermutter zu kümmern, über die Kosten für Medikamente und über den Zeitverlust für ihr Geschäft. Ihre ständigen Anmerkungen nagten schleichend an dem einmal mitleidvollen Herzen ihres Mannes.

Eines regnerischen und düsteren Tages fuhr Hoa mit der Ausrede, er wolle „Heilkräuter für Mama suchen“, einen Berg hinauf. Aling Le saß hinten im Auto und umarmte ein altes, warmes Tuch, das seine Schwiegertochter vor langer Zeit für sie gestrickt hatte. Als das Auto an einem Lichtung hielt, sagte Hoa:

„Mama, steig einen Moment aus und ruhe dich aus. Ich werde allein fragen, ob jemand Kräuter verkauft.“

Die alte Frau nickte — ihre Augen waren freundlich, ohne Verdacht. Hoa sah sie erneut an, bevor er das Auto anließ und völlig im Nebel verschwand.

Nur als die Dunkelheit den Wald umhüllte, wurde ihr klar… dass ihr Sohn nicht zurückkehren würde.

Die gesamte Gemeinde war viele Monate über Aling Les Verschwinden beunruhigt. Aber mit der Zeit glaubten sie einfach, sie hätte die Kälte und den Hunger in den Bergen nicht überlebt. Einzig eines blieb merkwürdig: Ihr Körper wurde nie gefunden.

Hoa und Ly zogen in die Stadt, anscheinend um jede Spur ihrer Vergangenheit zu tilgen. Doch jede Nacht, wenn der Wind gegen das Fenster schlug, hallte eine Stimme in Hoas Kopf wider:

„Hoa… es ist schon Nacht geworden…“

Hoa wachte oft schweißgebadet auf. Einmal rief Ly:

„Es ist schon so lange her! Betrifft es dich noch immer?“

Er antwortete nie.

Acht Jahre später kam das Paar wegen eines Landstreits ins alte Dorf zurück. Auf dem Weg, der den Berg hinaufführte, verspürte Ly plötzlich ein Frösteln:

„Könnten wir sie besuchen? Ich möchte nur… die Wahrheit darüber wissen, was geschehen ist…“

Hoa erbleichte.

„Warum? Dort werden nur Knochen sein.“

Doch Ly bestand darauf — vielleicht wollte sie endlich die Albträume beenden, die sie seit acht Jahren verfolgten.

Das Auto hielt am Fuße des alten Weges. Der Wind blies heftig; sie umarmten sich aus Angst und Kälte. Jeder Schritt fühlte sich schwer an — als würden sie auf ihrer eigenen Schuld treten.

Als sie sich der alten, von Bäumen überwucherten Hütte näherten, zog Ly plötzlich an Hoas Arm:

„Hoa… hörst du das?“

Der Wind rauschte durch die Blätter. Doch… es gab einen anderen Klang.

Ein schwacher, aber klarer Husten. Und dann —

„Wer ist da?“

Die Stimme war sanft, zitternd… aber so vertraut.

Hoa erstarrte. Ly fror ein, fast ohne Atem.

Sie konnten sich nicht irren.

Es war die Stimme von Aling Le.

Die Stimme der Mutter, die sie vor acht Jahren in den Bergen zurückgelassen hatten.

Ly zitterte und versteckte sich hinter Hoa. Hoa hingegen blassete völlig.

Aus der Hütte trat eine dünne, faltige Gestalt. Ihr Haar war schneeweiß, ihr Körper zerbrechlich, und sie trug das alte, zerrissene Tuch.

Obwohl ihr Sehvermögen schwach war, erkannte sie sofort die Person vor ihr.

„Hoa… Sohn… du bist zurückgekehrt…“

Nur drei Worte. Aber sie reichten aus, um ihre Welt zum Einsturz zu bringen.

„M-Mama… lebst du? Wie…?“

stammelte Hoa.

Aling Le lächelte — das Lächeln, das einst ihren Kindern Kraft gab:

„Ich war immer hier… Ich wusste… dass ihr zurückkommen würdet. Auch wenn es nur einmal wäre.“

Hoa kniete nieder, weinend. Ly hingegen wankte beinahe, als sie auf den Knien fiel.

„Mama… wie hast du so lange überlebt?“

Aling Le blickte zu den Bergen:

„Der Himmel hatte Mitleid… Manchmal kamen einige Dorfbewohner vorbei und gaben mir Essen. Es gab Tage, an denen mich niemand sah… aber ich gewöhnte mich daran. Ich wartete nur auf euch… um zu wissen, dass ich nicht ganz vergessen worden bin…“

Ly brach in Tränen aus. Nie hatte sie in ihrem Leben ein so schweres Gewissen gefühlt.

Hoa ergriff die dünne Hand seiner Mutter — die Hand, die sie einst in der Armut gepflegt hatte, war jetzt nur noch Haut und Knochen.

„Mama… ich habe mich geirrt… Meine Sünde ist zu groß…“

Er lehnte sein Gesicht in die Hand seiner Mutter, wie ein Kind, das eine Umarmung benötigt. Aling Le streichelte ihm das Haar:

„Du hast dich geirrt… aber du bist zurückgekehrt. Das ist genug.“

Sie brachten Aling Le zurück in die Berge. Und dann verstanden sie: Der Geist, der sie acht Jahre lang verfolgt hatte, war kein Geist und kein Fluch…

Es war ihr eigenes Gewissen.

Als sie die sanfte, aber verzeihende Stimme ihrer Mutter hörten — erst dann konnten sie wirklich durchatmen.

Und Aling Le, nach so langer Zeit in der kalten und einsamen Bergwelt, sah endlich ihr ältestes Gebet in Erfüllung gehen: Sie hatte noch immer einen Sohn, der bereit war zurückzukehren.

Und manchmal — ein einziger Rückblick — reicht aus, um das Schicksal eines Menschen zu verändern.