Die Tür schloss sich hinter Keith, als er stolz mit einem Rucksack über der Schulter das Haus verließ. Ich stand in der Küche, das Baby in meinem Arm, und konnte kaum glauben, was gerade passiert war. Wie konnte er es wagen, mir so etwas zu sagen?
Ich schüttelte den Kopf und versuchte, ruhig zu bleiben. Aber in mir brodelte es. Ich hatte monatelang die Nächte mit unserem schreienden Neugeborenen verbracht, während er zur Arbeit ging und davon sprach, wie erschöpft er von seinem Job war. Jetzt hatte er tatsächlich die Frechheit, einen Urlaub zu planen und zu sagen, dass ich im „Mutterschaftsurlaub“ ja sowieso nichts anderes zu tun hätte, als mich auszuruhen.
Ich blickte auf die Liste von Aufgaben, die sich in den letzten Tagen angesammelt hatte – Wäsche, Putzen, Einkaufen, Arztbesuche – und dann wieder auf mein Baby, das friedlich in meinem Arm schlief. Ich konnte nicht anders, als zu seufzen.
Aber dann hatte ich eine Idee. Eine Idee, die ihn lehren würde, was es bedeutet, für einen Moment in meinen Schuhen zu stecken.
Am nächsten Tag war es Zeit, die Sache auf meine Weise zu regeln. Ich packte eine Tasche, füllte sie mit den wichtigsten Sachen – Snacks, Wasserflasche, eine Decke für das Baby – und machte mich auf den Weg. Mein Plan war einfach: Wenn Keith einen Urlaub brauchte, würde ich ihm zeigen, wie es ist, wirklich eine Auszeit zu nehmen. Nur dass meine Auszeit in einem ganz anderen Rahmen stattfinden würde.
Als er am Nachmittag zurückkam, fand er das Haus leer vor. Das Baby war bei meiner Mutter, und ich war verschwunden. Zuerst dachte er, er sei der einzige, der hier den Kopf voll hatte, bis er auf dem Tisch einen kleinen Zettel fand:
„Ich habe mir auch eine kleine Auszeit genommen. Viel Spaß mit deinem Urlaub!“
Keiths Gesicht änderte sich sofort, als er realisierte, dass ich ihm ein wenig „Urlaub“ verordnen würde. Ich wusste, dass er nun in meinen Fußstapfen treten musste. Keine Ausreden. Er würde die ganze Verantwortung übernehmen – vom Windeln wechseln bis hin zum Kochen. Ich war gespannt, wie lange er durchhalten würde.
Es dauerte nicht lange, bis er mich anrief. Seine Stimme klang erschöpft, als er fragte: „Wo bist du?“
„Oh, ich dachte, du wolltest deinen Urlaub genießen“, sagte ich ruhig. „Ich bin jetzt auch bei meinen Eltern. Dein „Urlaub“ ist schließlich auch verdient, oder?“
Er schwieg einen Moment, dann hörte ich das leise Quietschen von Kinderwagenrädern im Hintergrund. „Du weißt, wie das ist…“, begann er zögerlich. „Es ist nicht dasselbe, wie du denkst.“
„Ach, wirklich?“ antwortete ich mit einem schadenfrohen Lächeln. „Du bist doch derjenige, der gesagt hat, ich würde nicht müde werden, weil ich ja im Mutterschaftsurlaub bin. Also jetzt zeig mir mal, wie du mit dem „wirklichen Leben“ zurechtkommst!“
Ich hörte das Geräusch von Töpfen und Pfannen im Hintergrund, und ich konnte mir das Bild vorstellen, wie er verzweifelt versuchte, das Baby zu beruhigen und gleichzeitig etwas zu kochen. Innerlich konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen.
Die Stunde verging und es war fast schon zu köstlich. Keith rief wieder an, diesmal mit einer völlig anderen Tonlage. „Okay, okay, ich habe es verstanden! Ich werde nie wieder sagen, dass du nichts tust. Du hast den härteren Job, das weiß ich jetzt!“
Ich lachte, als ich an der Küchentür stand und ihm einfach nur „Viel Spaß im Urlaub“ zurief, bevor ich das Telefon auflegte.
Der Urlaub war schnell vorbei, aber der Respekt, den er nun für meinen täglichen Einsatz hatte, war ungleich mehr wert als jedes Resort. Und während Keith wieder an die Arbeit ging, wusste ich, dass wir beide uns wirklich eine Pause verdient hatten – aber auf unterschiedliche Weise.