“Artur, ich bin schwanger!” – rief sie aus, stürzte ihm in die Arme und warf sich fast auf seinen Hals. Die Freude, diese erfreuliche Nachricht endlich teilen zu können, war überwältigend.
Er fing sie auf, doch löste sich sofort wieder von ihr. Dabei bemerkte sie jene seltsame Miene, die kurz in seinen Augen erschien.
“Bist du ganz sicher?” fragte er mit kühler Stimme.
“Ja, ich war heute bei der Ärztin. Stell dir vor, wir werden bald Eltern!”
Sie hatte mit Begeisterung, Glückwünschen und vielleicht sogar Freudentränen gerechnet. Doch Arturs Reaktion war alles andere als das.
“Alisa, das kommt wirklich zur Unzeit,” erwiderte er erschöpft und verschwand daraufhin im Badezimmer.
Die Hormone spielten verrückt, Tränen überkamen sie wie bei einem Kind und sie weinte leise schluchzend, während ihre Glieder sich unerklärlich schwer anfühlten. Mühsam erreichte sie einen Stuhl, um endlich zu sitzen. Ein Gefühl von Bitterkeit und Schmerz wühlte sie auf – die Sehnsucht war so stark, dass sie anfing, vor Kummer fast an die Decke zu gehen.
“Alisa, was ist los?” – Artur war sofort zur Stelle. Er umarmte sie und zog sie fester an sich, doch ihre Tränen flossen nur intensiver.
“Mein Gott, geb das Kind doch zur Welt! Ich wollte nichts Schlechtes sagen,” entgegnete er unvermittelt und stieß sie schließlich weg.
Im Verlauf der Zeit sprach Artur kaum noch ein Wort über die Schwangerschaft und ignorierte sie weitgehend. Alisa schenkte dem kaum Beachtung, versank stattdessen in dem wundervollen Gefühl, als neues Leben in ihr heranwuchs.
Seine Mutter gratulierte ihr kurzerhand, doch diese Wisstabelle hinterließ bei Alisa Angst statt Freude, sodass sie sich niemandem anvertraute. Die Frau strahlte eine unerklärliche Furcht aus.
Zum Glück gab es Matwei.
- „Darf ich mal fühlen?“ – fragte Arturs Freund zögerlich, als sie ihm von der Schwangerschaft berichtete.
- Alisa nickte scheu, erstarrte unter der fremden Hand, die auf ihrem kleinen Bauch lag.
- „Da bewegt es sich tatsächlich!“ wunderte sich Matwei.
- Ein Lächeln huschte über Alisas Lippen. Es war schön, dass sich wenigstens jemand für sie interessierte.
Matwei brachte ihr kleine Leckereien, besorgte Babysachen und Spielsachen, und engagierte sich lebhaft bei der Namenssuche für das ungeborene Kind. Sie nahm seine Fürsorge dankbar an – vielleicht, weil ihr Mann keinerlei Anteilnahme zeigte.
Der verhängnisvolle Tag
Ein kalter Herbstwind wirbelte gelbe Blätter durch die Luft, als Alisa sich aufmachte, ein süßes Geschenk zur Entlassung aus dem Krankenhaus auszusuchen. Sie wusste bereits, dass ein Mädchen erwartet wurde. Etwas Zartes, Rosafarbenes mit vielen Rüschen sollte es sein.
Doch warum kam sie ausgerechnet in dieses edle Geschäft? Warum nicht in eine andere Richtung? Niemand weiß es, doch schließlich befand sie sich vor einem teuren Boutique-Laden. In der Nähe lag ein charmantes Café, zu dem sie gerne einen Imbiss einnehmen wollte.
Artur verließ das Geschäft zuerst. Anfangs dachte sie nicht weiter darüber nach, begrüßte ihn sogar mit einem Schritt auf ihn zu. Doch dann erstarrte sie. Als er sich umdrehte, erblickte sie ein Lächeln, das sie lange nicht mehr an ihm gesehen hatte.
Hinter ihm folgte eine attraktive, schlanke und elegant gekleidete Brünette. Wie hypnotisiert beobachtete Alisa das Paar, fast schrie sie auf, als ihr Ehemann seiner Bekanntschaft zärtlich an die Hüfte griff und seine Lippen auf ihre drückte.
Schnell trat sie hinter eine große Pflanzenkübel zurück und hoffte inständig, dass er sie nicht wahrnahm. Sie gingen sehr dicht vorbei, sodass sie sogar ihre Parfums riechen konnte.
Plötzlich wurde ihr schwindelig, und sie stürzte beinahe zu Boden. Es entstand ein Tumult; jemand alarmierte den Rettungsdienst, und sie vermochte nur, Matwei anzurufen und ihm zu sagen, dass sie sich schlecht fühlte.
Das Kind starb noch an diesem Tag.
Die Zeit danach
Die Ärzte erklärten, es handle sich um eine Fehlbildung, etwas, das nicht selten vorkomme. Sie beruhigten sie damit, dass ihr weiteres Kinderglück noch kommen werde. Artur kam zu ihr, stellte eine Show aus Fürsorge und Besorgnis dar, doch sie merkte, dass sein distanzierter Blick nur ihr galt.
Nach Hause zurückgekehrt, war sie schweigend und fühlte sich wie ein anderer Mensch. Ein Plan reifte in ihr, sich von ihm zu trennen, doch sie wollte zuvor erst wieder Kraft schöpfen.
Das überschüssige Gewicht wollte einfach nicht weichen. Artur wurde zunehmend gereizt und äußerte häufig Kritik.
Eines Tages kam die Ankündigung:
“In Kürze findet ein Empfang zum Firmenzusammenschluss statt. Matwei ist endlich bereit.”
“Das klingt gut,” erwiderte Alisa.
“Richtig. Alle werden paarweise erscheinen.”
“Dann brauche ich wohl ein neues Kleid.”
Er drehte sich von ihr weg und warf ihr einen verachtenden Blick zu:
“Welches Kleid, Alisa? Hast du dich mal gesehen? Glaubst du, ich habe das gesagt, damit du mich begleitest? Rede keinen Unsinn. Ich werde mit einer Bekannten hingehen und behaupten, dass es dir noch nicht gut geht.”
Sie schwieg und wohl gerade das ärgerte ihn noch mehr.
“Du weißt wohl, dass ich Recht habe? Meine Mutter sagte nicht umsonst, dass du eine faule Kuh bist. Warst du schon immer, aber jetzt bist du total abgestürzt. Das Kind verloren – und jetzt willst du dich zu einer dicken Kuh machen?”
“Das hat deine Mutter gesagt?” fragte Alisa leise, als wäre sie in Trance.
“Ja, ich halte das für eine gute Idee. Niemand wird sich über mich lustig machen, und ich kann wenigstens von deinem missmutigen Gesicht ausruhen.”
Artur griff nach seiner Jacke und stürmte aus dem Haus heraus. Seltsam war, dass sie keinerlei Schmerz spürte.
Doch Matwei schien ihr Gemütszustand gespürt zu haben. Kaum war Artur weg, klingelte das Telefon.
“Ich bin in der Nähe. Bist du zu Hause?”
“Ja, bin zuhause. Komm vorbei, wenn du willst. Artur ist gerade weg.”
Matwei brachte Blumen mit – wie immer. Doch diesmal war Alisa verlegen.
“Weißt du,” begann sie zögernd, “”
Bevor er reagieren konnte, brach sie in Tränen aus und erzählte ihm alles. Er schwieg lange, presste die Lippen aufeinander und stand dann entschlossen auf.
“Es tut mir leid, dass du das durchmachen musstest. Wirklich. So etwas unterstütze ich nicht. Dein Artur ist einfach ein Idiot.”
Der Abend des Empfangs
Am nächsten Tag holte er sie persönlich ab. Zuerst kauften sie ein Kleid und Schuhe, dann ging es zum Friseur, wo man sie in eine kleine Prinzessin verwandelte. Ihre üppigen Formen schadeten dem Gesamtbild keineswegs, was sogar Alisa selbst bemerkte.
Artur fühlte sich wie der König des Balls. Überall wurde er begrüßt, seine Anwesenheit gelobt, ihm galten Komplimente. Von seiner Begleiterin konnte niemand die Augen abwenden.
Matwei kam spät, und Artur wurde zunehmend unruhig. Sein Blick suchte die Halle ab, auf der Suche nach seinem Partner. Als er ihn endlich erspähte, traute er seinen Augen kaum.
An der Seite seines Geschäftspartners stand seine Frau – doch die Frau unterschied sich stark von der “faulen Kuh”, die er zu Hause zurückgelassen hatte. Umgeben von Menschen, sprach sie lebhaft mit ihnen und hielt anmutig ein Glas Champagner. Ihre Hand ruhte elegant am Ellenbogen Matweis.
“Matwei, warum hast du mir nicht gesagt, dass du heute Abend mit meiner Frau kommst?” fragte Artur scheinheilig sorglos.
Er hoffte, dass Alisa jetzt verwirrt stammeln würde. Doch stattdessen hob sie stolz das Kinn.
“Liebling, ich wollte dir genau zu diesem feierlichen Anlass mitteilen, dass ich mich von dir trenne.”
Bevor Artur antworten konnte, ergriff Matwei das Wort.
“Und übrigens, entschuldige, mein Freund, aber du weißt ja, wie ich zu Untreue stehe. Ich habe darüber nachgedacht und beschlossen, dass ich diese Fusion nicht will.”
Sogar Alisa war überrascht, fing sich jedoch rechtzeitig und verbarg ihre Verwunderung.
Matwei stieß mit dem enttäuschten Geschäftspartner an, drehte sich um und führte sie elegant zum Ausgang.
“Jetzt verlassen wir den Saal mit Stil,” flüsterte er ihr ins Ohr und lachte leise.
Das Danach
Schon auf der Fahrt fragte Alisa:
“Warum hast du das getan?”
“Das war gerecht. Ehrlich gesagt bringt mir die Partnerschaft nichts. Artur wäre der Hauptnutznießer. Ich verliere also nichts.”
“Und du hast ja offiziell dein Ende angekündigt. Weißt du schon, wohin du gehst?”
Alisa schüttelte den Kopf:
“Nein, noch nicht. Wahrscheinlich zu meinen Eltern.”
“Nicht ausgeschlossen. Du kannst erst mal bei mir wohnen. Ich bin kaum in der Wohnung. Lass uns deine Sachen holen.”
Alisa errötete:
“Matwei, wenn du denkst, dass…”
“Ich denke nichts und erwarte nichts. Ich will dir nur helfen.”
“Danke, ich lehne nicht ab.”
Das Umziehen ging schnell, doch die Scheidung dauerte. Matwei vermittelte einen guten Anwalt, der das Vermögen gerecht teilte.
Und danach? Er war einfach da. Alisa lebte, erholte sich und überlegte, wie es weitergehen sollte.
Vielleicht wird die Zeit ihr die Augen öffnen für das, was sie bislang noch nicht sehen kann, das ihr Herz jedoch längst spürt. Möglicherweise keimt zwischen ihnen mehr als Freundschaft, und in ihrem Herzen lebt längst ein Gefühl, das sie sich noch nicht eingestehen möchte. Vielleicht ist dies der Beginn einer wahren Liebe – jener, die nicht sofort einsetzt, aber dafür unvergänglich bleibt.