Von Verzweiflung zur Selbstfindung: Yulkas schwieriger Weg
„Hau ab, hab ich gesagt, du Schlange! Du hast Yurka verleumdet, und wegen dir haben sie ihn in Handschellen abgeführt. Du hast deiner Mutter das Recht auf ein eigenes Leben geraubt. Ich kann dich nicht mehr ertragen,“ brüllte Yulkas betrunkene Mutter, während ihre trinkfreudigen Bekannten zustimmend nickten.
Die Tochter schluchzte verzweifelt: „Wohin soll ich denn gehen, Mama? Vielleicht änderst du ja doch noch deine Meinung?“
Die Mutter antwortete schroff: „Das ist jetzt dein Problem! Was hast du nicht gehabt? Yurka hat immer ein Extra-Stück mitgebracht. Und jetzt…“
Seit dem Tod ihres Vaters vor zehn Jahren vergrub sich Yulkas Mutter immer weiter in Alkohol. Anfangs kehrte sie von feuchtfröhlichen Besuchen bei Freunden heiter und nach billigem Wein und starken Zigaretten stinkend nach Hause zurück.
„Warum schaust du mich so an?“, versuchte sie sich ihrem sechsjährigen Mädchen zu erklären. „Denkst du, wie einsam ich mich fühle? Wie soll ich das alles nur überstehen? Wenn ich alleine wäre, wäre das eine Sache. Aber mit dir…“
Nach und nach kamen die Freunde nicht nur zu Besuch, sondern auch deren Bekannte. Erst ein Stiefvater, dann ein weiterer, und schließlich Yurka selbst tauchte auf.
Yurka überschritt mehrmals Grenzen. Glücklicherweise konnte Yulka sich schon wehren – kein kleines Mädchen mehr – und verzichtete aus Angst vor weiterer Gewalt auf eine Anzeige. Stattdessen wurde Yurka wegen Diebstahls verhaftet. Später zog Yulka die Beschwerde zurück, weil tatsächlich nichts gestohlen worden war. Fest entschlossen warnte sie ihn jedoch, ihre Wohnung nie wieder zu betreten.
Doch diese Tat verzieh ihr die Mutter nie.
Die verzweifelte Frau stand auf, schwankte zu ihrer Tochter und schlug nach ihr. Diesmal reichte Yulka jedoch die Kraft, ihre Hand zu fangen. „Ich hasse dich!“ schrie sie, stieß ihre Mutter von sich, zog sich an und rannte weinend auf die Straße.
Verletzt und ohne Zuflucht streifte sie bis zum Abend durch die Stadt. Den Gedanken, zu ihrer mütterlichen Cousine Valya zu gehen, lehnte sie ab. Valya hatte bereits sieben eigene Kinder, und ihr Mann Vasya trank ständig und hatte kein Geld.
Der Onkel ihres Vaters lebte gut situiert in einem großen Haus außerhalb der Stadt, doch er verweigerte ihr sogar den Zutritt. Seit dem Tod des Neffen vermied er jeglichen Kontakt zu dessen Familie.
Yulka besaß keine weiteren nahen Verwandten in der Nähe, nur eine treue Freundin namens Masha, an die sie sich schließlich um Unterstützung wandte.
„Du hast doch Verwandte in Moskau, oder, Yul?“, schlug Masha vor.
„Ich kenne sie kaum. Sie waren das letzte Mal da, als ich noch klein war…“
„Hast du ihre Adresse?“
„Eine habe ich. Wenn sie sich nicht verändert hat. Aber sie brauchen mich sicher nicht.“
Ein Angebot zur Hoffnung: „Ich habe ein bisschen Geld gespart – genug für Hin- und Rückfahrt nach Moskau, falls du es brauchst,“ bot Masha an.
„Das kann ich nicht nehmen. Das ist für deinen Traum,“ antwortete Yulka.
„Wenn du in Moskau bleiben würdest und ich dich besuche, wäre mein Traum doch erfüllt,“ entgegnete Masha und zog ihre Ersparnisse aus der Schublade.
So machte sich Yulka schließlich auf den Weg nach Moskau. Vor einer fremden Wohnung klingelte sie, und eine nette, sympathische Frau öffnete die Tür.
„Sind Sie Alexandra Valerievna?“ fragte Yulka schüchtern.
„Ja, und wer bist du?“ verwundert die Frau.
„Ihre Verwandte, so ungefähr im zehnten Grad,“ lächelte Yulka traurig.
„Komm doch rein, wir sehen mal, wie wir das hinkriegen…“
Aunt Sasha stellte sich als charmante Frau heraus, die mit ihrem behinderten Ehemann in einer kleinen, alten Zwei-Zimmer-Wohnung lebte. Trotz offensichtlicher finanzieller Not schien sie herzlich zu sein.
„Onkel Petya arbeitet nicht, er bekommt nur eine kleine Invalidenrente,“ erklärte sie bedauernd. „Ich fege morgens und abends den Hof und nähe tagsüber Roben in einem kleinen Atelier. Wenn du bleibst, teilen wir gern, was wir haben.“
Yulka war dankbar und wollte helfen. Doch Sasha riet ihr, noch zu jung zum Arbeiten zu sein und lieber erstmal die Schule zu Ende zu bringen.
Da es keine andere Wahl gab, begann Yulka im Hof zu fegen. Beim Müllsammeln fiel ihr auf, dass manche Leute erstaunliche Dinge wegwarfen: gebrauchte Kleidung, Markenschuhe, Geschirr aus der Sowjetzeit, Figuren und andere schöne Kleinigkeiten. Ein Großteil davon begann sie zu sammeln und versteckte die Schätze im Hausmeisterraum.
Eines Tages nahm sie die ausrangierten Stoffe mit nach Hause, wusch sie und fragte ihre Tante nach der Erlaubnis, die Nähmaschine zu benutzen. Sie zerlegte die Kleidungsstücke und kreierte daraus neue Dinge – ein Maskenkleid, eine Tasche, einen Tischläufer und hübsche Vorhänge im Retro-Stil.
- Am freien Tag besuchte sie ein Pfandhaus, um Geschirr und Souvenirs zu verkaufen.
- Mit dem Erlös mietete sie einen Stand auf dem Markt.
- Den ganzen Tag kauften die Menschen zwar nichts, bewunderten ihre Arbeit jedoch.
- Kurz vor Schluss kündigte eine Frau an, alles auf einmal zu kaufen und bot eine Zusammenarbeit an.
Überglücklich kaufte Yulka Lebensmittel und Süßigkeiten, richtete den Tisch liebevoll und legte den Rest des Geldes vor ihre Tante Sasha. „Ich träumte immer davon, meinen ersten eigenen Lohn meinen Eltern zu geben. Jetzt seid ihr meine Eltern, Sasha und Petya. Nutzt das Geld, wie ihr wollt.“
Obwohl Onkel Petya ablehnen wollte und Tante Sasha zu Tränen gerührt war, lebten sie von nun an zusammen. Yulka sammelte weiterhin Gegenstände vom Müll, verkaufte einen Teil und verwandelte den Rest. Ihr Einkommen gaben die beiden für ihre Bildung aus.
Yulka finanzierte ihr Studium selbst. Sie hatte die Frau vergessen, die ihr einst so freundlich etwas abkaufte, doch diese tauchte erneut auf und bot Yulka Aufträge zum Nähen für ihren Laden an. Nun musste sie nicht mehr auf dem Markt stehen, sondern näht anschließend in Ruhe, während sie gut verdient.
Eine Ausbildung zur Modedesignerin begann sie, und einige Jahre später besaß sie selbst eine kleine Werkstatt und ein Geschäft.
Ein junger Mann trat in ihr Leben und schenkte ihr seine Liebe und das Versprechen einer gemeinsamen Zukunft.
„Ich möchte deine Mutter kennenlernen. Lass uns zu ihr gehen,“ forderte ihr Verlobter.
„Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist,“ zweifelte Yulka.
Doch eines Tages machten sie sich trotz Zweifel auf den Weg. Draußen war es heiß, die Wohnungstür stand einen Spalt offen, und bereits im Flur schlug ihnen ein beißender Geruch entgegen. Ihre Mutter schlief auf einem schmutzigen Bett, von leeren Flaschen umgeben.
„Mo-o-om,“ rief Yulka, wie damals, als sie weggelaufen war.
Die Mutter öffnete die Augen und murmelte Unverständliches.
Yulka rief einen Entzugsspezialisten, der ihre Mutter mit Infusionen behandelte. Zusammen mit ihrem Verlobten beseitigte sie den Müll aus der Wohnung, wischte alte Möbel ab, putzte den Boden und kochte Hühnernudelsuppe.
„Was machst du hier?“, fragte die Mutter schließlich.
„Mir geht es gut, Mama. Ich werde bald heiraten. Ich möchte dir helfen.“
„Gib mir was gegen den Kater,“ bat sie.
Trotz aller Bemühungen gelang es Yulka nicht, ihre Mutter zu retten. Diese lehnte jede Behandlung ab, kämpfte und schimpfte, als wäre die Fürsorge ihrer Tochter eine Katastrophe. Kurz darauf verstarb sie.
Als Yulka selbst Kinder bekam, wurden Tante Sveta und Onkel Petya zu ihren Großeltern – obwohl sie nie eigene Nachkommen gehabt hatten.
An einem warmen Sommertag stand Yulka an den Gräbern ihrer Eltern und legte auf jede ein Bouquet weißer Rosen nieder.
„Hast du deiner Mutter wirklich vergeben?“, fragte ihre Freundin Masha, „Sie hat dich wie Müll fortgeworfen.“
„Ich bin ihr sogar dankbar dafür,“ erwiderte Yulka. „Ich weiß nicht, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich damals geblieben wäre…“
Zusammenfassung: Diese Erzählung zeigt die erschütternde Geschichte eines Mädchens, das von der eigenen Mutter ausgestoßen wurde, und dennoch durch Freundschaft, Mut und eigene Anstrengungen seinen Weg zu einem selbstbestimmten Leben findet. Trotz der Tragik gibt Yulkas Geschichte Hoffnung, dass Liebe und Unterstützung neue Chancen und eine bessere Zukunft schaffen können.