Alina war fest davon überzeugt, mit Maxime eine makellose Ehe zu führen. Fünf Jahre waren sie gemeinsam, ohne ernsthafte Auseinandersetzungen. Gegenseitiges Vertrauen und geteilte Leidenschaften kennzeichneten ihre Beziehung – ein Traum, den viele Frauen hegen. Sie fühlte sich dankbar und privilegiert. Während ihre Freundinnen von flüchtigen Partnern, Alkoholproblemen oder fehlender Unterstützung im Haushalt berichteten, schien Alina den idealen Mann gefunden zu haben. Max zeigte sich stets fürsorglich und aufmerksam. Er überraschte sie mit Blumen, egal ob es einen besonderen Anlass gab oder nicht. Bei seiner Rückkehr führte ein Pfad aus Rosenblättern zu einem liebevoll gedeckten Tisch mit köstlichem Essen. Diese Liebesgeschichte könnte direkt aus einem Film stammen, doch sie war ihr Alltag. Auch ihre Zweisamkeit verlief einwandfrei.
Als Alina eine berufliche Aufgabe antrat, die eine einwöchige Abwesenheit bedeutete, empfand sie dies als willkommene Abwechslung. Der Abstand würde ihre Wiedervereinigung nur noch inniger machen.
„Du wirst mir sehr fehlen“, versicherte Max ihr mit einem Kuss am Flughafen.
„Du auch, mein Schatz“, erwiderte sie sanft und strich ihm über die Wange. „Die Zeit wird schnell vergehen“, lächelte sie. „Ich rufe dich gleich nach meiner Ankunft an.“
Jeden Abend telefonierten sie. Alina teilte ihre Erlebnisse, und Max versicherte immer wieder, wie sehr er sie vermisste. Sie fühlte sich als glücklichste Frau der Welt. Sie hatten alles, nur die Familiengründung stand noch aus – die Zeit drängte. Dann erreichte sie eine erfreuliche Nachricht.
Die Verhandlungen endeten drei Tage früher als erwartet, und der Chef ließ alle vorzeitig abreisen. Alina freute sich riesig – eine Überraschung für ihren Ehemann! Sie beschloss, es ihm nicht zu sagen und schmiedete Pläne für ein heimliches Wiedersehen. Vielleicht würden sie ein gemütliches Essen zu Hause bestellen oder gemeinsam ausgehen. Zuerst aber würden sie ihr gemeinsames Glück ungestört genießen.
Am Flughafen kaufte sie Max’ Lieblingsgetränk und eine Schachtel Pralinen. Während der Heimfahrt strahlte sie vor Freude und Vorfreude auf ihr Wiedersehen. Zu Hause angekommen, stieg sie die Treppen hinauf, schloss die Tür auf und blieb plötzlich wie angewurzelt stehen.
Im Wohnzimmer saß Max auf der Couch, eine junge Frau, kaum bekleidet, lehnte sich eng an ihn. Mit leidenschaftlichen Küssen waren sie völlig in ihrer Welt versunken – ohne eine Ahnung von Alinas Ankunft.
Die Erde schien unter ihr zu schwanken. Ein Klingeln in den Ohren setzte ein, Übelkeit erfasste sie. Die Tasche entglitt ihrer Hand. Das Zerbrechen einer Flasche ließ Max erschrocken aufblicken. Seine Augen weiteten sich, als er sie sah.
„Alina?!“ rief er verblüfft.
„Du hast gesagt, ich käme erst in drei Tagen zurück“, flüsterte sie mit gebrochener Stimme. „Die Überraschung ist wohl daneben gegangen, oder?“
Die Frau stand hastig auf und richtete ihre Kleidung.
„Ich sollte besser gehen“, murmelte sie und verließ eilig den Raum.
Eine schwere Stille legte sich nieder. Mit gesenktem Kopf verharrte Max regungslos. Alina blickte ihn bestürzt an. Täglich hatten sie telefoniert – wann hatte er Zeit für diese Affäre gefunden?
„Wie lange läuft das schon?“, fragte sie zitternd.
„Alina, ich kann alles erklären“, versuchte Max.
„Wie lange genau?!“, schrie sie.
„Drei Monate“, gab er leise zu.
Tränen sammelten sich in ihren Augen. Drei Monate Treuebruch. Sie, so naiv, hatte an ihre unerschütterliche Ehe geglaubt.
„Wer ist sie?“
„Eine neue Kollegin.“
„Ah, also wolltest du ein bisschen Abwechslung? Ich war dir langweilig? Genau deshalb kam ich früher zurück.“
„Alina, hör mir zu… Ich liebe dich. Das war nur ein Fehler, eine vorübergehende Schwäche.“
„Eine Schwäche von drei Monaten?“, schüttelte sie enttäuscht den Kopf. „Weißt du was? Ich bin nicht einmal wütend. Ich bin einfach nur angewidert.“
Er versuchte, sich ihr zu nähern, doch sie wich zurück.
„Fass mich nicht an!“, rief sie. „Ich kann dich nicht mal mehr ansehen.“
Ohne einen letzten Blick verließ sie die Wohnung, der Schmerz schnürte ihre Stimme zu und Tränen liefen ihr eine Treppe hinunter. Sie fühlte sich von Verrat und Qual erdrückt. Wohin jetzt? Nach Hause zurückzukehren, kam nicht infrage. Auch der Elternhaus war keine Option: zu viele Fragen, zu viel Aufmerksamkeit. Sie wollte all das vermeiden und entschied sich schließlich, zu ihrer Freundin Kate zu gehen.
Kate reagierte überrascht, als Alina plötzlich vor ihrer Tür stand. Doch als sie das von Kummer gezeichnete Gesicht sah, verstand sie alles ohne Worte.
„Oh meine Liebe“, seufzte Kate und nahm sie sanft in die Arme. „Komm, ich mache dir eine Tasse Tee.“
Sie blieben die ganze Nacht in der Küche. Alina erzählte zwischen Schluchzern alles, was passiert war. Kate hörte aufmerksam zu und stärkte sie immer wieder mit einem Schuss stärkeren Tees.
„Weißt du, ich war immer ein wenig neidisch auf dich“, gestand Kate traurig. „Ich dachte, ihr seid das perfekte Paar.“
„Perfekt, ja…“, lachte Alina bitter. „Wie konnte ich nur so blind sein?“
>
„Du warst einfach verliebt und voller Vertrauen. Das ist keine Schwäche.“
„Doch jetzt fühle ich mich wie ein Narr…“, schluchzte Alina. „Mein Gott, wie sehr tut das weh.“
Tränen strömten über ihr Gesicht. Kate hielt sie fest und wiegte sie tröstend.
Für Wochen blieb Alina bei Kate und zog sich aus der Außenwelt zurück. Glücklicherweise hatte sie nach ihrer Dienstreise Urlaub. Max rief ständig an, doch sie ging nicht ans Telefon. Kate wurde ihr Halt.
Eines Tages rief Kate plötzlich:
„Was hältst du von einem Trip? Wir kaufen Tickets und fliegen wohin auch immer!“
Zunächst war Alina skeptisch. Doch die Idee reizte sie immer mehr. Warum nicht einen Neuanfang wagen?
Sie entschieden sich für Thailand: Sonne, Meer und ein völliger Tapetenwechsel.
- Die ersten Tage glichen einer erfrischenden Brise.
- Langsam kehrte Alinas Lebensfreude zurück.
- Ihr Lächeln wurde allmählich wieder sichtbar.
Eines Abends schlenderte sie über einen Nachtmarkt. Plötzlich vernahm sie in einer dunklen Gasse ein gedämpftes Schreien.
„Hast du das gehört?“, fragte sie Kate.
„Was?“, erwiderte diese neugierig.
Ohne zu zögern stürmte Alina in den Schatten der Gasse, Kate folgte ihr. Vor ihnen rang ein Mann mit einem Messer, er versuchte, einer jungen Frau die Tasche zu entreißen.
„Lass sie sofort los!“, rief Alina.
Der Angreifer wandte sich bedrohlich mit dem Messer zu ihnen.
„Verschwindet!“, knurrte er auf Englisch.
Doch Alina zögerte nicht. Adrenalin trieb sie an. Mit einem Stock griff sie den Mann an. Ein Gerangel entstand. Kate wollte sie zurückhalten, doch Alina wehrte sich geschickt. Plötzlich näherten sich Passanten. Der Täter erkannte seine missliche Lage und floh. Alina wollte ihm folgen, doch Kate hielt sie zurück.
„Bist du verrückt?“, rief Kate. „Willst du dich umbringen? Du hast dich für eine Heldin gehalten! Bist du verletzt?“
Alina winkte ab und ging zu der jungen Frau, die sich am Boden weinend zusammengerollt hatte.
„Geht es Ihnen gut?“, fragte sie auf Englisch.
Die Frau blickte mit gerührtem Gesicht auf.
„Sie haben mein Leben gerettet. Danke!“
Die Polizei kam kurz darauf und stellte Fragen. Es stellte sich heraus, dass die junge Frau die Tochter eines einflussreichen Geschäftsmanns der Gegend war. Die Geschehnisse liefen schnell ab. Am nächsten Tag ehrten Zeitungen Alina als Heldin.
Natürlich hatten Journalisten den Vorfall etwas ausgeschmückt, wie es üblich ist. Dennoch erfüllte es Alina mit Stolz. Für einen Moment vergas sie den Verrat ihres Mannes.
Der Aufenthalt neigte sich dem Ende zu. Alina wollte nicht abreisen. Doch sie hatte Pläne: Sie würde zurückkehren und die Scheidung einreichen. Vielleicht suchte sie eine Wohnung näher am Stadtzentrum. Vielleicht begann sie sogar mit Selbstverteidigungskursen – eine Idee, die sie reizte, denn sie hatte Talent.
Eines Tages klopfte ein Herr an ihre Hoteltür. Es war der Vater der geretteten jungen Frau, Herr Voravut Lamsam, ein bedeutender Besitzer einer internationalen Hotelkette.
„Junge Dame, Sie sind bezaubernd“, sagte er. „Ich möchte mich bedanken, dass Sie meiner Tochter geholfen haben. Wünsche Sie sich etwas!“
Alina war verwirrt.
„Oh, das ist nicht nötig“, stotterte sie.
„Unsinn!“, entgegnete Herr Lamsam bestimmt. „Ich lasse keine Schuld unbezahlt, besonders nicht, wenn es um meine Tochter geht.“
Schließlich bot er ihr eine Anstellung in seiner Gruppe an. Eine Managementstelle war in einem seiner Hotels in Italien frei geworden.
„Seien Sie ehrlich, ich habe Sie geprüft. Sie verfügen über die nötige Ausbildung und Erfahrung. Ich sehe Sie als ehrliche Person. Nehmen Sie das Angebot an. Ich meine es ernst. Selbst Ihr Mann kann mitkommen.“
Alina lächelte. Ein neuer Job, ein neues Land. Einen solchen Schritt hatte sie nie erwartet. Doch wenn sich solch eine Chance bot…
„Nein, mein Mann kommt nicht mit. Wir lassen uns scheiden. Aber ich nehme Ihr Angebot dankbar an.“
Herr Lamsams Lächeln wurde noch breiter.
„Eine so charmante Frau wird nicht lange allein bleiben. Übrigens könnte ich Ihnen jemanden vorstellen. Mein Neffe ist ein guter Mann.“
Sie führten ein angeregtes Gespräch. Herr Lamsam war aufrichtig und Alina verstand sich gut mit seiner Tochter. Einen Monat später bestieg sie ihren Flug nach Italien.
Max machte vor der Scheidung eine letzte Szene und flehte Alina an, zu bleiben. Doch sie hatte bereits ein neues Kapitel aufgeschlagen. Sie begann ein Leben voller Hoffnung und war überzeugt, dass es besser werden würde.
Fazit: Alinas Geschichte zeigt, wie eine scheinbar perfekte Beziehung durch unerwartete Enthüllungen erschüttert wird. Doch statt sich ihrem Schicksal zu ergeben, nutzt sie die Krise als Startpunkt für persönliche Erneuerung. Neue Erfahrungen, Freundschaften und Chancen führen sie auf einen Weg der Selbstbestimmung und des Wachstums.