Wie ich für das Erbe meines Schwiegervaters kämpfte

Diejenigen, die über Jahre hinweg einen älteren, kranken Vater gepflegt haben, sei es der eigene oder der Schwiegervater, werden sich ohne weitere Erklärungen in meiner Geschichte wiederfinden. Fast ein Jahrzehnt lang kämpfte mein Schwiegervater Ivan Petrovitch mit schweren gesundheitlichen Problemen. Er war ein außergewöhnlicher Mann, doch wie viele wissen, bringt das Alter oft unerbittliche Prüfungen mit sich. In all diesen Jahren standen mein Ehemann und ich unermüdlich an seiner Seite.

Es war, als hätten wir einen zweiten Beruf – ohne freie Tage oder Urlaub. Arztbesuche organisieren, teure Medikamente besorgen, auf seine speziellen Essgewohnheiten achten und sogar seine kleine Wohnung so renovieren, dass er sich wohlfühlte – all das gehörte zu unserem Alltag.

Ich kannte jede seiner Verschreibungen auswendig und hatte den exakten Zeitplan für seine Medikamenteneinnahme im Kopf. Nach der Arbeit eilte mein Mann nicht nach Hause, sondern direkt zu seinem Vater. Klagen kamen für uns nicht in Frage. Es war schließlich unser Vater – eine Respektsperson in unserem Leben.

Mein Mann hat eine Schwester – meine liebe Schwägerin Alina –, die viel beschäftigt ist und in der benachbarten Stadt lebt. Sie hat „ihr eigenes Leben, ihr eigenes Geschäft und ihre eigenen Probleme“. Während zehn Jahren schaffte sie es gerade mal zu drei kurzen Besuchen bei unserem Vater: zum Geburtstag mit einer Schachtel Pralinen in der Hand. Sie blieb eine Stunde, nahm ein wenig Anteil, murmelte, dass „Papa nachlasse“ und verschwand bald wieder in ihrem „eng getakteten Alltag“. Um auch nur einen kleinen Beitrag, etwa für Medikamente, baten wir sie mehrfach – doch ihre Antwort war stets: „Oh, ich habe wirklich kein Geld!“ – obwohl sie zweimal jährlich Türkei-Reisen unternahm.

Letztes Jahr ist Ivan Petrovitch von uns gegangen. Beerdigung, Trauerfeier, all die Traurigkeit, die jeder kennt. Mein Mann und ich fühlten uns vollkommen erschöpft, sowohl emotional als auch körperlich.

Während der Gedenkfeier saßen wir in der Empfangshalle. Jeder lobte die Güte meines Schwiegervaters. Plötzlich schob Alina, die bei der Beerdigung am meisten geweint hatte, ihren Teller weg und erklärte mit professionellem Ton:

„Da wir alle beisammen sind, müssen wir die Angelegenheit mit Papas Wohnung klären. Das Gesetz spricht mir die Hälfte zu. Die Wohnung soll verkauft und der Erlös geteilt werden.“

Meine Gabel fiel mir buchstäblich aus der Hand. Ein bleiernes Schweigen legte sich über den Raum. Kaum war die Asche noch warm, begann sie bereits, das Eigentum zu verteilen! Mein sanfter, konfliktvermeidender Ehemann wurde blass und stammelte:

„Alina, bitte, nicht jetzt…“

„Wann sonst?“, unterbrach sie ihn scharf. „Sonst richtet ihr alles neu ein, und ich sehe nichts mehr davon. Das Gesetz steht auf meiner Seite.“

In diesem Moment, als ich ihr hungriges und gieriges Gesicht betrachtete, wurde mir klar, dass mein sanfter Mann aus Angst vor Streit nachgeben würde. Doch ich bin nicht er. Nicht nur Pflege wurde in diesen zehn Jahren geleistet – ich habe noch etwas anderes getan.

Ich bin eine präzise und ordentliche Frau. Über die Jahre sammelte ich akribisch alle Belege: jeden Quittungszettel von der Apotheke, alle Nebenkostenabrechnungen, Rechnungen von Handwerkern, welche die Wohnung renovierten, sogar Taxibelege, wann immer wir Papa ins Krankenhaus brachten. Alles fand seinen Platz in einem dicken Ordner mit der Aufschrift „Papa“. Damals verstand ich nicht die Wichtigkeit, aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass es noch von Bedeutung sein würde.

Eine Woche später saßen wir beim Notar. Alina kam selbstsicher begleitet von ihrem Anwalt, bereits geistig mit dem Geld aus dem Verkauf beschäftigt. Mein Mann hingegen saß neben mir, müde und bereit, zuzustimmen.

Der Notar begann zu sprechen, doch ich unterbrach:

„Entschuldigen Sie, darf ich etwas vorbringen?“

Ich zog den Ordner hervor.

Oh, was für ein Moment! Mit Nachdruck legte ich den dicken Aktenordner vor den Notar auf den Tisch.

„Alina“, sagte ich direkt und ohne Umschweife, „du hast Recht, das Gesetz gibt dir Anspruch auf die Hälfte der Wohnung. Aber es gibt eine kleine Besonderheit.“

Ich öffnete den Ordner.

„Hier“, erklärte ich und zeigte den ersten Stapel Belege, „sind die Ausgaben für Medikamente in zehn Jahren. Dort befinden sich die Nebenkostenquittungen. Und schließlich hier die Rechnungen für drei Renovierungen in dieser Wohnung.“

Der Gesamtbetrag, den wir für die Pflege und den Erhalt der Wohnung ausgegeben hatten – ich griff zur Zusammenfassung – entspricht exakt der Hälfte des aktuellen Marktwerts der Immobilie.

„Sie haben jetzt zwei Möglichkeiten“, fuhr ich ruhig fort. „Die erste: Wir ziehen sofort unsere Ausgaben von deinem Anteil ab. Dann bekommst du…“ – ich tat so, als rechne ich – „praktisch nichts mehr.“

„Die zweite: Wir lassen die Sache vor Gericht klären. Dort werde ich alle Belege vorlegen und Nachbarn als Zeugen benennen, die bestätigen können, wer sich wirklich um Papa gekümmert hat. Was entscheidest du?“

  • Ein stilles Schweigen erfüllte den Raum.
  • Der Anwalt von Alina sah mich plötzlich mit Respekt an.
  • Alina selbst starrte auf die Belege, ihr Gesicht wechselte von sicher zu verwirrt und schließlich erbost.

Ihr Plan war zusammengebrochen.

Seitdem hat sie uns nie wieder kontaktiert. Mein Mann und ich leben ruhig in Papas Wohnung – jeder Winkel davon erinnert uns liebevoll an ihn.

Key Insight: Manchmal erfordert das Eintreten für Gerechtigkeit nicht nur Vertrauen in die Familie, sondern auch den Mut, sich für das eigene Recht einzusetzen – besonders wenn Liebe und Pflicht auf dem Spiel stehen.

Hat meine Entscheidung gegen das vermeintliche Familiengefühl verstoßen? Ich glaube nicht. Inmitten der Verantwortung und Fürsorge sollten wir nicht vergessen, auf uns selbst und die Wahrheit zu achten.

Diese Geschichte unterstreicht, wie wichtig es ist, bei langen Pflegezeiten auch rechtliche und finanzielle Aspekte mit Weitsicht zu berücksichtigen. Am Ende wurden unser Einsatz und unsere Sorgfalt gerecht honoriert.

So schließt sich der Kreis – das Erbe ist nicht nur materiell, sondern auch Ausdruck von Respekt, Fürsorge und dem Lebenswerk, das wir für unsere Lieben leisten.