Ein unerwarteter Besuch: Wenn die Schwiegermutter einzieht

Die Einkaufstaschen rutschten mir aus den Händen. Ich kämpfte damit, gleichzeitig die Schlüssel zu finden und die Milch nicht fallen zu lassen. Und genau in diesem Moment klingelte das Telefon.

— Ja, Serjoscha, — hielt ich das Telefon mit meiner Schulter fest. — Ich bin schon zu Hause. Brot und Milch sind da. Was? Nein, ich habe deiner Mutter nicht angerufen.

Ich schaffte es endlich, das Schloss zu öffnen, und stieß die Tür auf.

Ich erstarrte im Türrahmen.

In unserer — MEINER — Wohnung spielte Musik. In der Küche klirrten die Töpfe. Im Flur stand ein fremder Koffer.

— Walja, du bist es? — meine Schwiegermutter schaute aus der Küche. — Ich wollte euch mal besuchen.

Ich stand einfach nur mit offenem Mund und dem Telefon am Ohr.

— Serjoscha, — flüsterte ich. — Wusstest du, dass deine Mutter bei uns ist?

— Was? — Der Gott meines Mannes klang überrascht. — Nein, natürlich nicht. Sie wollte doch eigentlich in die Kur.

— Sie hat wohl ihre Meinung geändert, — ich kicherte nervös. — Sie ist hier. In unserer Wohnung.

— Wie ist sie überhaupt hereingekommen?…

— Das würde mich auch interessieren.

Ich ging in die Küche. Meine Schwiegermutter war schon fleißig am Werk: ein großer Topf Suppe kochte, auf dem Tisch lag Wurst, und meine geliebte Vase mit Tulpen war in die Ecke gestellt worden.

— Ludmila Petrowna, — begann ich mit illusorischer Ruhe. — Wie sind Sie hereingekommen? Sie haben doch keine Schlüssel.

— Ich habe sie bei der Nachbarin geholt, — winkte sie sorglos mit der Hand. — Bei Nina Stepanowna. Ihr habt ihr die Schlüssel gegeben, als ihr in den Urlaub gefahren seid? Da hab ich sie angerufen und die Situation erklärt.

Ich biss die Zähne zusammen. Na klar! Nina Stepanowna — eine achtzigjährige gute Seele, und für sie ist Serjoschas Mama eine Autorität. Sie sagte, dass sie dringend in unsere Wohnung müsse — also war es wirklich dringend.

— Und wie lange bleiben Sie bei uns? — Ich versuchte zu lächeln, was mir nur schlecht gelang.

— Oh, Walja, mal sehen, — meine Schwiegermutter begann, die Suppe zu rühren. — Es ist Frühling, mein Blutdruck schwankt. In meiner Wohnung ist die Heizung so, dass man kein Auge zuschlägt. Und ihr und Serjoscha wohnt ja sowieso bei seinem Vater. Also werde ich hier erst einmal wohnen.

Ich schluckte. Vor drei Monaten waren wir wirklich vorübergehend zu Serjoschas Vater gezogen. Er hatte einen Schlaganfall, und Serjoscha wollte in der Rehabilitationszeit bei ihm sein. Wir hatten geplant, zurückzukehren, sobald es ihm besser ginge. Und nun, bitte — die Schwiegermutter entschied, dass unsere Wohnung leer steht.

— Ludmila Petrowna, wir kommen bald zurück, — ich suchte vorsichtig nach passenden Worten.

— Und was dann? — Sie zuckte mit den Schultern. — Es ist genug Platz für alle. Serjoscha wird sich freuen, dass die Mama in der Nähe ist. Und ich helfe euch auch mit den Enkeln, wenn sie kommen.

Ich unterdrückte ein nervöses Lachen. Serjoscha und ich sind erst ein Jahr verheiratet. Welche Enkel?

— Wir müssen das mit deinem Mann besprechen, — sagte ich entschieden.

— Natürlich, natürlich, — lächelte meine Schwiegermutter, aber irgendwie seltsam. — Und jetzt gib mir die Schlüssel zur Wohnung. Ich muss ja manchmal hinaus.

— Was? — Ich konnte meinen Ohren nicht trauen.

— Die Schlüssel, sag ich, gib sie her, — wiederholte sie fordernder. — Ich kann nicht jedes Mal zu Nina laufen.

Ich zog schweigend den Ersatzschlüssel heraus. Innerlich brodelte ich. Das ist doch unsere Wohnung! Meine Wohnung, um genau zu sein — das Darlehen läuft auf mich! Und jetzt kommt da eine Frau, selbst wenn sie die Mutter meines Mannes ist, und verlangt nach den Schlüsseln?

Am Abend kam Serjoscha zurück. Ich wartete auf Unterstützung, aber…

— Na, Mama, du machst’s gut! — lachte er und umarmte Ludmila Petrowna. — Hättest du wenigstens Bescheid geben können!

— Und was ist daran schlimm? — Sie klopfte ihm auf die Wange. — Eine Mutter besucht ihren Sohn. Ist das etwa schlecht?

— Natürlich nicht! — Serjoscha lächelte. — Es war nur unerwartet.

Ich räusperte mich bedeutungsvoll.

— Serjoscha, kannst du kurz mit mir reden? — Ich nickte in Richtung Schlafzimmer.

Als wir alleine waren, platzte ich heraus:

— Denkst du ernsthaft, dass das in Ordnung ist?

— Was ist daran so schlimm? — Er sah mich verwirrt an. — Mama ist zu Besuch gekommen.

— Serjoscha, sie ist nicht zu Besuch gekommen. Sie plannt hier zu wohnen! Und hat die Schlüssel verlangt!

— Nun, wir wohnen ja sowieso bei meinem Vater, — zuckte mein Mann mit den Schultern. — Macht das einen Unterschied?

— So, dass es unsere Wohnung ist! — Ich erhob meine Stimme, senkte sie aber sofort wieder, damit die Schwiegermutter es nicht hörte. — Wir kommen zurück, wenn es deinem Vater besser geht.

— Ach komm, Walja, — Serjoscha umarmte mich. — Lass sie ein bisschen leben, dann geht sie wieder. Das ist schließlich meine Mama.

Ich wollte widersprechen, schwieg jedoch. Schließlich ist es wirklich seine Mutter. Und wir wohnen ja tatsächlich nicht gerade hier. Vielleicht wird schon alles gut gehen?

Doch ich irrte mich. Das war erst der Anfang.

Eine Woche später wurde mir klar: Ludmila Petrowna will nicht gehen. Im Gegenteil – sie lebte sich richtig ein.

— Walja, ich habe hier neue Gardinen aufgehängt, — verkündete sie, als ich kam, um die Blumen zu gießen. — Deine waren irgendwie düster.

Ich starrte auf die leuchtend-orangefarbene Gardinen mit Blumenmuster. Meine geliebten beigen Gardinen waren verschwunden.

— Wo sind meine hin? — fragte ich und zählte bis zehn.

— Habe sie in den Schrank gelegt. Vielleicht nehmt ihr sie ins Wochenende, — winkte sie ab. — Ich sage dir, diese sind besser. Und deine Sachen im Schlafzimmer habe ich umgeräumt. So lagen sie unbequem.

— Sie haben in meinen Sachen gewühlt? — Ich erstickte beinahe vor Empörung.

— Ach Walja, welche Ausdrücke, — meine Schwiegermutter machte ein Gesicht. — Ich habe nicht gewühlt, ich habe nur aufgeräumt. Du bist doch nicht dagegen, oder?

Ich war dagegen. Sehr dagegen. Aber was bringt es? Serjoscha winkte nur ab: “Mama, warum musst du immer deinen Senf dazugeben?” — und gleich darauf: “Walja, reg dich nicht auf, das sind doch nur Gardinen.”

Nur Gardinen. Nur Möbelumstellungen. Nur ein neuer Tischdecken anstelle meiner. Nur fremde Hausschuhe im Flur.

Und dann begannen die „Gäste“.

— Waljuschka, stört es dich, wenn einige meiner Freundinnen vorbeikommen? — zwitscherten die Schwiegermutter am Telefon. — Wir setzen uns ein bisschen, trinken Tee.

Der „Tee“ dehnte sich bis Mitternacht. Mit Wein, lautem Lachen und Klatsch. Am nächsten Tag kam ich zurück und fand Flecken auf dem Teppich und einen abgebrochenen Stuhlgriff.

— Oh, das war Zinaida unabsichtlich, — zuckte Ludmila Petrowna mit den Schultern. — Mach dir nichts draus, ich repariere das später.

Ich rief Serjoscha an.

— Serjoscha, das geht zu weit, — zischte ich am Telefon. — Deine Mama veranstaltet Partys in unserer Wohnung!

— Ach komm schon, — er seufzte. — Sie haben sich einfach getroffen, geplaudert.

— Und der Stuhl ist kaputt! Und beim letzten Mal hat sie meine Sachen durchwühlt!

— Walja, jetzt hör doch auf, — seine Stimme klang müde. — Bei meinem Vater ist plötzlich der Blutdruck gestiegen, ich bin hier auf den Nerven, und du machst dir wegen Gardinen und Stühlen Sorgen.

Ich biss mir auf die Zunge. Tatsächlich hatte mein Schwiegervater wieder gesundheitliche Probleme. Es war nicht die Zeit für Streitigkeiten.

Doch meine Geduld schwand mit jedem Tag. Besonders als Ludmila Petrowna begann, Befehle zu erteilen.

— Walja, wenn du kommst, bitte das Geschirr abwaschen, — sagte sie eines Tages am Telefon. — Ich komme nicht dazu.

— Eigentlich benutzen Sie doch unser Geschirr, — hielt ich nicht mehr zurück.

— Was heißt „eures“? — empörte sich die Schwiegermutter. — Das ist Serjoschas Wohnung!

— Sie ist auf mich registriert, — ich begann zu brodeln.

— Und was macht das? Serjoscha ist mein Sohn, und du… — sie machte eine Pause. — Nun, gib mir bitte nicht zu denken, was ich in der Wohnung meines Sohnes tun soll.

Ich legte den Hörer auf. Ich war von Wut geschüttelt.

Am Abend rief meine Mutter an.

— Waljuschka, geht es dir gut? — fragte sie. — Mir hat Galina, die Nachbarin von Ludmila Petrowna, gesagt, dass deine Schwiegermutter allen erzählt, dass du sie aus der Wohnung vertreibst.

— Was?! — Ich war fast erstickt.

— Ja, — seufzte meine Mutter. — Sie sagt, du seist grob zu ihr, schmeißt ihre Sachen herum und benimmst dich überhaupt undankbar. Sie behauptet, sie hätten euch die Wohnung geschenkt, und du…

— Welche Wohnung haben sie geschenkt?! — Ich schrie fast. — Wir haben sie doch selber gekauft! In Kredit! Den ich abbezahle!

Ich konnte es nicht glauben. Nicht nur, dass die Schwiegermutter unsere Wohnung in Besitz genommen hatte, jetzt kursierte sie auch noch Gerüchte?

Als ich Serjoscha dies erzählte, runzelte er die Stirn.

— Ja, das geht zu weit, — gab er zu. — Ich werde mit Mama reden.

Aber das „Gespräch“ beschränkte sich auf einen Routine-Satz: „Mama, warum erzählst du so etwas?“ Keine Konsequenzen.

Und ein paar Tage später geschah das, was das Fass zum Überlaufen brachte. Ich kam nach der Arbeit nach Hause und fand meine geliebten Zimmerpflanzen auf der Treppe.

— Die machen mir Allergien, — erklärte die Schwiegermutter. — Und nehmen auch viel Platz weg.

Ich stand da und starrte auf meine Geranie, die ich liebevoll aus einem Steckling gezogen hatte. Auf die Veilchen, die mir Kollegen geschenkt hatten. Auf den kleinen Kaktus von Serjoscha.

„Das ist Krieg“, — dachte ich. Und beschloss: Es reicht.

In dieser Nacht hielt ich es nicht mehr aus. Ich sammelte die Blumen von der Treppe, brachte sie zurück und rief Serjoscha an.

— Komm schnell. Wir müssen reden.

— Was ist passiert? — Besorgnis klang in seiner Stimme.

— Deine Mama hat meine Blumen auf die Treppe gestellt. Wie Müll, — meine Stimme zitterte.

— Und dafür hast du mich von Papa gerufen? — Seufzend sagte Serjoscha. — Walja, echt…

— Ernsthaft, — unterbrach ich. — Entweder du kommst und wir lösen das Problem, oder ich mache es auf meine Weise.

Etwas an meinem Ton ließ ihn vorsichtig werden. Eine Stunde später war er zu Hause.

Ludmila Petrowna empfing ihren Sohn mit offenen Armen.

— Serjoschka! Wie geht es Papa? Ich habe hier leckere Piroggen gebacken…

— Mama, — stoppte er sie. — Was ist hier los? Warum hast du Waljas Blumen weggeworfen?

— Ich habe sie nicht weggeworfen, ich habe sie zum Lüften rausgestellt, — schnappte die Schwiegermutter. — Ich habe Allergie und versuche hier, ein gemütliches Zuhause zu schaffen, während sie mit ihren Ansprüchen kommt.

— Ludmila Petrowna, — trat ich vor. — Das ist unsere Wohnung. Meine und Serjoschas. Wir haben euch nicht eingeladen.

— Hast du keine Manieren? — Die Schwiegermutter verzog die Augen. — Serjoscha, hörst du, wie sie mit mir redet? Mit deiner Mutter!

— Mama, Walja hat recht, — begann mein Mann unsicher. — Wir haben wirklich nicht abgemacht, dass du hierher ziehst.

— Was, schmeißt du deine eigene Mutter raus? — Ihre Stimme wurde weinerlich. — Nach allem, was ich für dich getan habe? Ich habe mein Leben für dich geopfert!

Ich rollte mit den Augen. Klassisch. Auf Mitleid drücken.

— Niemand wirft Sie raus, — mischte ich mich ein. — Aber es müssen Grenzen eingehalten werden. Fasse meine Sachen nicht an, räume die Möbel nicht um, werfe keine Blumen weg.

— Deine Sachen? Deine Möbel? — Die Schwiegermutter erhöhte die Stimme. — Serjoscha, sie denkt, die Wohnung gehört ihr! Und du schweigst einfach!

— Technisch gesehen, ist die Wohnung tatsächlich auf Walja registriert, — murmelte Serjoscha.

— Was?! — Die Schwiegermutter sprang fast auf. — Auf sie? Warum?

— Meine Kreditwürdigkeit ist besser, — zuckte ich mit den Schultern. — Uns wurde ein besserer Zinssatz angeboten.

— Und du hast das zugelassen?! — Ludmila Petrowna sah ihren Sohn an, als wäre er ein Verräter. — Und wenn sie dich verlässt? Bleibst du auf der Straße!

— Mama, hör auf, — Serjoscha begann sich zu ärgern. — Niemand wird jemanden verlassen. Es geht nicht darum, auf wen die Wohnung läuft. Es geht um Respekt.

— Ach, um Respekt? — Die Schwiegermutter verschränkte die Arme vor der Brust. — Gut. Dann wähle.

— Was soll ich wählen? — Serjoscha verstand nicht.

— Entweder ich oder sie, — betonte Ludmila Petrowna. — Ich sehe, ich stärke euer Glück. Überlege dir, Sohn. Oder ich ziehe zu meiner Schwester nach Woronesch oder deine Frau fährt zu ihren Eltern, wenn es ihr nicht gefällt, wie ich alles hier gemacht habe.

Stille legte sich über den Raum. Ich schaute meinen Mann an und fühlte, wie mein Herz rasend schlug.

Serjoscha schwieg. Lange. Dann sagte er:

— Mama, niemand wird irgendwo hingehen. Weder du nach Woronesch, noch Walja zu ihren Eltern. Aber du wirst zurück in deine eigene Wohnung müssen.

— Was?! — Die Schwiegermutter erstickte vor Schock. — Du wählst sie?!

— Ich wähle unsere Familie, — antwortete Serjoscha entschieden. — Walja ist meine Frau. Das ist unsere Wohnung. Wir haben sie selbst gekauft und wir haben das Recht zu entscheiden, wer darin wohnt.

— Nach allem, was ich für dich getan habe! — Ludmila Petrowna hielt sich ans Herz. — Undankbarer! Ich habe dich allein großgezogen!

— Mama, hör auf, — Serjoscha verzog das Gesicht. — Dieses Nummer geht nicht durch. Ich liebe und respektiere dich. Aber ich bin ein Erwachsener und habe meine eigene Familie. Und in dieser Familie sind die Wichtigen wir beide, Walja. Nicht du.

Die Schwiegermutter öffnete ihren Mund. Schloß ihn wieder. Öffnete ihn erneut. Dann drehte sie sich plötzlich um und ging ins Schlafzimmer. Die Tür fiel laut ins Schloss.

Ich atmete aus und sah meinen Mann an. Er sah müde, aber entschlossen aus.

— Danke, — flüsterte ich und drückte seine Hand.

— Es tut mir leid, dass es so weit kommen musste, — schüttelte Serjoscha den Kopf. — Wir hätten alles von Anfang an klären müssen.

— Was jetzt? — Ich nickte in Richtung Schlafzimmer.

— Lass uns ihr Zeit geben sich zu beruhigen, — seufzte er. — Und dann helfen wir ihr, die Sachen zu packen.

Wir saßen in der Küche, als die Schlafzimmertür knarrte. Ludmila Petrowna kam mit geröteten Augen heraus.

— Ich habe alles verstanden, — sagte sie trocken. — Morgen werde ich gehen.

— Mama…

— Es ist nicht nötig, Serjoscha, — hob sie die Hand. — Ich habe es verstanden. Ich bin euch nicht nötig.

Wieder ein Versuch zur Manipulation. Ich wartete darauf, dass Serjoscha nachgeben würde. Doch er gab nicht nach.

— Das ist nicht wahr, Mama. Du bist uns wichtig. Als Mama und als Großmutter zukünftiger Enkel. Aber nicht als Hausherrin unserer Wohnung.

Die Schwiegermutter presste die Lippen zusammen und kehrte schweigend ins Schlafzimmer zurück.

— Das wird nicht einfach, — seufzte Serjoscha.

— Aber ehrlich, — antwortete ich.

Der Morgen war angespannt. Ludmila Petrowna packte demonstrativ ihre Sachen und machte viel Lärm mit Türen und Schubladen.

— Brauchst du Hilfe? — Ich schaute ins Zimmer.

— Ich komme alleine klar, — schnitt sie ab. — Ich bin euch so eine Last.

Ich hätte „ja, eine Last“ sagen können, aber ich schwieg. Immerhin die Mutter meines Mannes.

Serjoscha rief ein Taxi und half, die Koffer zu laden. Vor dem Gehen warf die Schwiegermutter einen traurigen Blick auf die Wohnung.

— Ich hoffe, du wirst glücklich sein, mein Sohn, — sagte sie mit Nachdruck. — Da deine Frau wichtiger ist als die Mutter.

— Mama, — Serjoscha rieb müde seine Stirn. — Du hast alles missverstanden. Es geht nicht darum, zwischen euch zu wählen. Jeder soll einfach seinen Raum haben.

— Natürlich, natürlich, — sie presste die Lippen zusammen. — Walja, gibt mir die Schlüssel zurück.

Ich hielt ihr den Schlüsselbund stumm entgegen.

— Und vergiss nicht, die grauenhaften Gardinen abzunehmen, — fügte sie hinzu. — Sie stehen dir sowieso nicht.

Ich zählte bis zehn, um nicht scharf zu antworten.

— Mama, — Serjoscha nahm sie sanft an die Schultern. — Ich liebe dich. Und ich werde euch besuchen. Aber Walja und ich entscheiden selbst, welche Gardinen wir haben, okay?

Ludmila Petrowna murrte, schwieg aber. Als die Tür hinter ihr zuschlug, atmete ich erleichtert aus.

— Denkst du, sie wird wieder kommen? — fragte ich Serjoscha.

— Natürlich, — umarmte er mich. — Sie braucht einfach Zeit.

Die erste Woche blieb das Telefon still. Dann rief Ludmila Petrowna Serjoscha an — kühl, sachlich. Fragte nach dem Gesundheitszustand des Vaters und legte auf. Eine Woche später erfragte sie, ob wir Hilfe benötigten.

Allmählich kehrte unser Leben in normale Bahnen zurück. Serjoscha und ich holten unsere Sachen von seinem Vater, der fast genesen war, und lebten endlich wieder in unserer eigenen Wohnung.

Und dann geschah das Unerwartete. An einem Wochenende klingelte es an der Tür.

— Hallo, — an der Tür stand Ludmila Petrowna mit einer Torte. — Ich kam nur zufällig vorbei…

Ich sah Serjoscha an. Er nickte kaum merklich.

— Tritt ein, — öffnete ich die Tür weiter.

— Nur auf einen Tee, — fügte die Schwiegermutter hastig hinzu. — Keine Sorge, ich bleibe nicht lange.

Wir saßen in der Küche. Ludmila Petrowna erzählte von ihren Freundinnen, über Medikamente, über das Wetter. Dann plötzlich verstummte sie und sagte unerwartet:

— Walja, ich war im Unrecht.

Ich hätte beinahe meinen Tee verschluckt.

— Es ist meine Wohnung, — fuhr sie fort, indem sie in ihre Tasse starrte. — Und ich hätte euren Raum respektieren sollen.

Ich war sprachlos überrascht. Serjoscha sah auch verwundert aus.

— Ich hatte einfach Angst, — seufzte die Schwiegermutter. — Alt zu werden ist beängstigend, weißt du. Man fühlt sich überflüssig. Und dann seid ihr, jung und schön…

Sie sagte nicht weiter, aber ich verstand. Hinter all dieser Aggression versteckte sich Einsamkeit und Angst.

— Ludmila Petrowna, — legte ich vorsichtig meine Hand auf ihre. — Ihr könnt gern zu Besuch kommen. Wann immer ihr möchtet. Aber sagt einfach vorher Bescheid, in Ordnung?

Sie nickte und versteckte ihre feuchten Augen.

Seit diesem Tag sind mittlerweile sechs Monate vergangen. Die Schwiegermutter kommt wirklich manchmal auf einen Tee vorbei. Ruft vorher an. Berührt meine Sachen nicht. Und ich lerne Geduld und Verständnis.

— Weißt du, — sagte Serjoscha eines Tages, als er mich umarmte, — ich bin stolz auf dich. Und auf uns.

— Warum?

— Weil wir es geschafft haben, unsere Grenzen zu wahren, aber die Beziehungen nicht zu zerreißen. Das hat einen hohen Stellenwert.

Ich lächelte und lehnte mich an meinen Mann. Er hatte recht. Manchmal muss man um seinen Raum kämpfen, und das ist in Ordnung. Aber es ist wichtig, sich daran zu erinnern: hinter Konflikten stehen oft Ängste und Unsicherheiten. Und wenn man den Menschen hinter seinen Taten sieht, kann man Kompromisse finden.

Selbst bei einer Schwiegermutter, die einen aus der eigenen Wohnung vertreiben wollte.