Marina stand am Fenster und beobachtete, wie die letzten Gäste in ihre Autos stiegen. Die festlichen Lichter im Hof erhellten ihre Gesichter, noch immer voller Energie von der Feier zum siebzigsten Geburtstag ihrer Schwiegermutter – ein bedeutender Meilenstein, der die ganze Familie zusammengebracht hatte.
Und genau an diesem Tag beschloss Oleg, einen „Scherz“ zu machen.
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„Na, was soll ich sagen? Marina kann sich glücklich schätzen, mich zu haben. Ich trage die ganze Familie auf meinen Schultern, während sie nur mein Geld ausgibt“, hallten seine Worte scharf in ihrem Kopf wider. Sie erinnerte sich daran, wie sie mit einem halbvollen Getränk in der Hand wie angewurzelt dastand, an das verlegene Gelächter der Gäste und daran, wie ihre Schwiegermutter schnell versuchte, es abzutun: „Ach, Oleg, was sagst du da?“
Fünfzehn Jahre Ehe. Fünfzehn Jahre, in denen sie ein warmes Zuhause geschaffen, die Kinder großgezogen und seine Karriere unterstützt hatte. Einmal hatte sie einen vielversprechenden Job im Verlagswesen aufgegeben, damit Oleg sich auf den Aufbau seines Unternehmens konzentrieren konnte. „Liebling, du brauchst nicht zu arbeiten. Ich kümmere mich um alles“, hatte er damals gesagt. Und sie hatte ihm geglaubt.
Ein plötzliches Geräusch schreckte Marina auf – Oleg war zu Hause. Sie hörte ihn summen, als er die Treppe hinaufstieg, sichtlich zufrieden mit sich. Kein Wunder – die Gäste hatten seine Großzügigkeit gelobt und bewundert, was für ein großartiger Mann er war.
„Marinka!“, ertönte eine Stimme aus dem Flur. „Warum bist du so früh gegangen? Mama ist sauer!“
Sie schwieg und betrachtete ihr Spiegelbild in der dunklen Fensterscheibe. Mit zweiundvierzig war sie immer noch eine attraktive Frau – schlanke Figur, gepflegtes Haar, geschmackvolle Garderobe. „Sie gibt nur mein Geld aus“, hallten diese Worte wieder in ihrem Kopf wider.
„Oleg, bist du sauer?“, fragte er, etwas unsicher, in der Wohnzimmertür. Der Duft von Cognac und Zigarren umwehte ihn – es war klar, dass er nach der Party noch mit den Jungs zusammengeblieben war.
„Nein“, antwortete sie ruhig, „ich bin nur müde.“
„Ach komm schon! Jeder weiß, dass ich nur Spaß gemacht habe. Du kennst meinen Humor!“
Marina drehte sich langsam zu ihm um. Im Dämmerlicht wirkte sein selbstgefälliges Lächeln besonders fehl am Platz.
„Natürlich weiß ich das. Fünfzehn Jahre lang schon. Und weißt du, was mir klar geworden ist? In jedem Witz steckt ein Körnchen Wahrheit. Der Rest ist Realität.“
„Ach, los geht’s!“ Oleg ließ sich in einen Stuhl fallen. „Lass uns deine … wie nennt man das noch … dramatischen Monologe überspringen!“
Marina lächelte – zum ersten Mal an diesem Abend. Aber das Lächeln erreichte ihre Augen nicht.
„Keine Sorge, keine Monologe. Mir ist gerade etwas Wichtiges klar geworden. Dank dir.“
Sie ging zur Tür und ließ ihren verblüfften Ehemann im Stuhl zurück. Ihr Kopf schmiedete bereits einen Plan. Fünfzehn Jahre waren genug Zeit, um zu verstehen: Manche Dinge mussten sich drastisch ändern.
Der Morgen war ungewöhnlich still. Oleg erwachte in Stille – kein klapperndes Geschirr, kein Duft von frischem Kaffee. Sein Kopf pochte leicht von der Nacht zuvor, und er griff instinktiv nach dem Nachttisch, auf dem Marina normalerweise ein Glas Wasser und eine Katertablette abstellte. Er war leer.
„Marin!“, rief er, aber niemand antwortete.
In der Küche erwartete ihn eine Überraschung – kein Frühstück, kein Kaffee, nur eine Nachricht: „Die Kinder sind in der Schule. Mittagessen nicht gemacht – bestell was, du hast das Geld.“
„Was ist das für ein kindischer Unsinn?“, grummelte Oleg und zückte sein Handy. Doch ein seltsames Unbehagen regte sich in ihm – irgendetwas stimmte nicht.
Auf der Arbeit lief es schlecht. Normalerweise rief Marina an, fragte, wie wichtige Meetings gelaufen waren, erinnerte ihn an die Geburtstage der Partner. Heute – Stille. Fast hätte er eine wichtige Kundenverhandlung vergessen, da er sich kaum vorbereiten konnte.
An diesem Abend zu Hause bot sich ihm ein ungewöhnlicher Anblick: Marina saß im Wohnzimmer, vertieft in ihren Laptop.
„Das Abendessen ist im Kühlschrank“, sagte sie, ohne aufzusehen.
„Im Kühlschrank? Was ist da drin?“
„Behälter mit Essen für die Kinder. Wärme dir etwas auf.“
Oleg spürte, wie Wut in ihm aufstieg. „Streikst du?“
Marina hob den Blick vom Bildschirm. Etwas Unbekanntes funkelte in ihren Augen.
„Streik? Nein, ich habe nur beschlossen, dein Geld nicht unnötig zu verschwenden. Ich koche nur für die Kinder – sie sind nicht schuld an unseren Problemen.“
„Welche Probleme? Was ist los?“
„Was ist los?“, fragte sie ruhig. „Ich folge nur deiner Logik. Da ich nur dein Geld ausgebe, werde ich so wenig wie möglich ausgeben. Übrigens habe ich heute meinen Lebenslauf aktualisiert – vielleicht ist es Zeit, selbst Geld zu verdienen?“
Oleg erstarrte. Zum ersten Mal seit Langem fehlten ihm die Worte.
„Du wolltest nie arbeiten…“
„Das stimmt nicht. Du wolltest nicht, dass ich arbeite. ‚Meine Frau sollte nicht arbeiten‘, weißt du noch? Jetzt scheine ich dir nur noch zur Last zu fallen.“
Weder Hysterie noch Wut klangen in ihrer Stimme – nur eine ruhige Feststellung. Und das machte ihn unruhig.
„Marin, genug! Es war nur ein Witz auf der Party…“
„Weißt du“, sie klappte ihren Laptop zu, „wenn jemand einmal Witze macht, ist es ein Witz. Wenn er ständig Witze macht, ist es seine wahre Meinung. Und ich habe endlich gehört, was du wirklich von mir hältst. Danke für deine Ehrlichkeit.“
Sie stand auf und ging nach oben.
„Übrigens, ich habe mich für Weiterbildungskurse angemeldet. Ich gebe etwas von deinem Geld aus – aber nur dieses eine Mal.“
Oleg blieb allein im Wohnzimmer zurück. Drinnen vermischte sich Ärger mit Unzufriedenheit.