Eine unerwartete Liebe und der Mut zur Schwangerschaft trotz aller Hindernisse

Die Geschichte einer verbotenen Liebe und eines mutigen Entschlusses

Schon während des Studiums verliebte sich Schenja in den Ehemann ihrer Freundin. Gemeinsam mit Ase wohnte sie in einer Wohnung. Während Schenja oft Jungs bei sich übernachten ließ, war Ase das genaue Gegenteil: fleißig beim Lernen, regelmäßig beim Joggen im Park und eine begabte Dichterin. Eines Tages kehrte Schenja unerwartet früher von den Eltern zurück und konnte kaum glauben, was sie in der Küche vorfand – ein junger Mann in zerknittertem T-Shirt, der verschlafen wirkte.

“Was führt dich hierher?”, fragte sie und spürte, wie ihr Herz mit solch einer Geschwindigkeit zu rasen begann, dass es keinen Sinn mehr hatte, es zu retten. Manchmal trifft ein Mann genau das Bild, das man schon lange von ihm im Kopf hatte, und es fühlt sich an, als hätte man ihn schon immer geliebt.

“Vom Norden her!”, lachte Slawa. “Bist du Schenja?”

Schenja konnte nicht nachvollziehen, was Slawa in der stillen Ase fand. Sie schätzte ihre Freundin sehr, liebte sie gar, aber es war ihr unbegreiflich, was dieser attraktive Mann an der unauffälligen Ase sah.

Slawa war wirklich ein attraktiver Mann: ein nordischer Blondschopf mit einem charmanten Lächeln und einer schelmischen Grübchen auf der Wange. Einmal schnitt Schenja ein Foto zurecht, entfernte Ase und setzte sich selbst an ihre Stelle. So sahen Slawa und sie wie perfekte Gegensätze aus, Yin und Yang. Schenja selbst war dunkelhaarig, gebräunt und schlank und hatte nie einen Mangel an Bewunderern.

Während des vierten Studienjahres heirateten Ase und Slawa. Trotz ihrer heimlichen Gefühle unternahm Schenja nie etwas, um Slawa von ihrer Freundin wegzulocken. Sie vermied es, zu Hause zu sein, wenn er da war, und bemühte sich nicht, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Aber die Liebe zu Slawa begleitete sie weiter – auch nachdem sie selbst verheiratet und später geschieden war, mit einem vierjährigen Sohn allein.

Ihre Scheidung kam, weil ihr Mann die Ex-Frau besuchte. Zwar ähnelte er Slawa äußerlich stark – vielleicht deshalb hatte Schenja ihn ausgewählt –, doch charakterlich waren sie grundverschieden. Während Slawa treu war, war Schenjas Mann bereits der Dritte, und er hatte Kinder von jeder Frau. Die Untreue akzeptierte sie nicht und beschloss, ihren Sohn allein aufzuziehen, besonders mit der tatkräftigen Unterstützung ihrer Mutter, die gern am Wochenende auf den Enkel aufpasste oder abends einsprang, wenn Schenja länger arbeitete oder mit Ase ins Kino ging.

Ase und Slawa hatten keine Kinder. Als Schenja vorsichtig danach fragte, gestand Ase: “Es klappt nicht. Das Problem liegt bei Slawa. Er ist unfruchtbar.”

Schenja fühlte ein kleines Triumphgefühl: Auch Slawa – für sie fast perfekt – war nicht ohne Fehler.

Ein zweiter Mann kam für Schenja nie infrage. Alle anständigen Männer schienen längst vergeben zu sein, genau wie Slawa. Der Sohn wuchs heran, ihre Mutter erkrankte, und die Arbeit wurde immer mehr. Für Dates blieb kaum Zeit. Mit 35 sah Schenja plötzlich in den Spiegel und bemerkte die Erschlaffung ihres Gesichtsumrisses, erste Fältchen und zehn Kilo mehr Gewicht – eine Veränderung, die ihr vorher fremd war. Bis 30 bewegte sich ihr Gewicht stabil um 62 Kilo, und sie hatte sich mit dieser Körperform und Kleidergröße immer wohlgefühlt. Sie beschloss, wieder zu laufen – so wie damals in ihrer Jugend mit Ase.

Am Anfang fiel ihr das Laufen schwer. Schenja fand viele Gründe, eine Einheit ausfallen zu lassen – Hitze, Regen, Müdigkeit, ein verschmutztes T-Shirt, das zur pinken Jogginghose gut passte. Doch nach und nach gewöhnte sie sich daran. Obwohl die Waage auf 67 Kilo zeigte, störte sie das nicht mehr: Sie genoss die Bewegung, das Gefühl von Stärke und Lebendigkeit und war bereit, ihre Kleidergröße zu ändern.

Eines Tages traf sie Slawa zufällig. Obwohl sie nur zwei Straßen voneinander entfernt wohnten, waren sie sich selten über den Weg gelaufen. Dort aber kam Slawa ihr entgegen, trug eine Sportkleidung und hatte eine schmale Stirnband, welches graue Haare verdeckte.

“Schenja? Ich wusste gar nicht, dass du läufst”, sagte er lächelnd.

Schenja schwenkte den Kopf und suchte Ase.

“Suchst du Ase?”, fragte Slawa. “Sie läuft schon lange nicht mehr.”

In letzter Zeit hatte Schenja sich von ihrer Freundin entfernt. Keinerlei Streit, doch ihre Leben drifteten auseinander. Ase machte Karriere als Anwältin, Schenja arbeitete in der Immobilienbranche. Beide hatten wenig Freizeit, und gemeinsame Treffen wurden selten. Zudem hatte Schenja einen Sohn; somit drehte sich ihr Alltag hauptsächlich um Schule, Training und Freizeitgestaltung des Kindes. Ase zog vier Sphynx-Katzen auf und verkaufte preisgekrönte Katzenbabys. Schenja erkannte, dass diese Tiere eine Art Ersatz für Kinder waren, verurteilte Ase jedoch nicht. Zuhause aber roch es in Ase’s Wohnung stark nach Katzen, was Schenja wenig schätzte.

“Verstehe”, antwortete Schenja verwirrt und war unsicher, wie sie reagieren sollte. Sie hoffte, Slawa würde einen anderen Weg nehmen, doch er drehte sich um und lief neben ihr her.

Sie unterhielten sich nicht, liefen einfach nebeneinander her. Beim Abschied fragte Slawa: “Läufst du jeden Tag?”

“Jeden Tag”, erwiderte Schenja.

“Morgen um neun?”

Sie nickte, doch innerlich war Schenja unsicher, was sie von gemeinsamen Läufen mit dem Mann ihrer Freundin halten sollte. Sollte sie es ansprechen? Sie beschloss, es auf sich zukommen zu lassen. Immerhin taten sie nichts Verbotenes.

Die gemeinsamen Läufe wurden für Schenja eine Entdeckung. Zwar hatte sie Slawa gemocht, doch wirklich gekannt hatte sie ihn nie. Nach dem Lauf begleiteten sie sich oft bis zu Schenjas Wohnung und sprachen über verschiedene Themen. Sie erkannte, dass Slawa ganz anders war, als sie ihn Jahrzehnte lang wahrgenommen hatte. Auch Schenja selbst zeigte sich von einer neuen Seite, die ihr bisher fremd war.

Schenja erzählte Ase direkt von den gemeinsamen Läufen.

“Na ja, du hast in letzter Zeit zugenommen”, meinte Ase lachend. “Wer hätte das gedacht? Früher warst du schlank wie eine Gazelle, und ich war die süße Rosine. Und jetzt ist es andersrum.”

Ase lachte scheinbar ohne Groll, doch Schenja fühlte sich unbehaglich. Ase hatte sich verändert: sie wirkte arrogant, sprach oft nur von ihrer beruflichen Leistung oder ihren Katzen. Einladungen zu Kino oder Livemusik im Restaurant winkte sie ab.

“Du bist wie Slawa! In unserem Alter müssen wir uns nicht mehr als Intellektuelle darstellen. Komm doch lieber zu mir, dann können wir reden und ein Glas trinken.”

Schenja wollte weder bei den Katzen noch bei Slawa in der Wohnung sein und mied solche Treffen.

Wer den ersten Schritt tat, ließ sich schwer sagen. Im August, während der Sohn bei der Tante auf dem Land war und Ase zu einer Beerdigung gefahren war, gingen sie nicht joggen, sondern in eine Bar und später zu Schenja nach Hause. Schämte sie sich? Natürlich! Gleichzeitig empfand sie eine heimliche Vergnügen und einen unbekannten Reiz. Solche geheimen Treffen erweckten mehr Spannung als Slawa selbst.

Slawa beschwerte sich oft über Ase: Sie sei keine gute Hausherrin, unterstütze ihn kaum und kümmerte sich zu sehr um ihre Katzen. Schenja hörte still zu und nahm sich die Worte zu Herzen. Sie bereitete für Slawa raffinierte Salate und dünne italienische Pizza zu, machte fast zweimal pro Woche gründliche Reinigungen, versuchte, seine stressigen Tagessituationen zu verstehen und fragte immer nach, wie seine wichtigen Termine verlaufen waren. Sie wollte für ihn perfekt sein und träumte insgeheim davon, dass er eines Tages kommen und für immer bei ihr bleiben würde.

Sie verhütete nicht, weil sie Ases Eingeständnis über Slawas Unfruchtbarkeit nicht offen ansprach. Aus Rücksicht nahm sie erstmals an, dass sie Pillen nehme. Doch von solchen Tabletten war keine Rede. Als sie im Herbst eine dreitägige Verzögerung bemerkte, schob sie es auf Stress und eine langwierige Erkältung. Ase vermutete zuerst die Schwangerschaft, als Schenja trotz Hemmungen sie besuchte, aber den unangenehmen Katzen-Geruch nicht ertrug und sich sofort ins Bad zurückzog, wo sie viel Zeit verbrachte.

“Bist du etwa vergiftet? Oder etwa schwanger?”, fragte Ase.

Schenja erschrak zutiefst und wollte es nicht wahrhaben. Doch noch am selben Abend machte sie mehrere Tests – alle positiv.

“Das ist einfach ein Wunder!”, entschied sie. “Ein Zeichen, dass wir zusammengehören.”

Schenja überlegte lange, wie sie Slawa die Neuigkeit beibringen sollte. Sie sah sich emotionale Videos an, entschied sich aber schließlich, ihm die Wahrheit einfach mitzuteilen. Sie war aufgeregt und erwartete seine Freude – doch es kam anders.

Slawas Gesicht zeigte eine unbewegte Miene.

“Meinst du das ernst?”, fragte er. “Aber du hast doch gesagt, du nimmst Pillen.”

Ein beklemmendes Übel schlich sich in Schenjas Hals.

“Vielleicht habe ich eine Einnahme vergessen”, flüsterte sie.

Sie erwartete eine zärtliche Geschichte darüber, wie er sich jahrelang als unfruchtbar angesehen hatte, um ihm zu antworten, dass wahre Liebe Wunder bewirken könne. Stattdessen lief Slawa nervös durch den Raum und riss die Hände zusammen.

“Du wirst das Kind loswerden”, erklärte er schließlich.

Schenja erstarrte.

“Nein!”, entfuhr es ihr. “Nicht wegen Ase …”

“Ase hat es mehrmals versucht, ohne Erfolg”, sagte Slawa ruhig.

Schenja wurde schwindelig.

“Was meinst du?”

Slawa schlug mit der Faust gegen die Wand.

“Ich werde keine Kinder haben. Das steht fest. Mein Vater leidet an Schizophrenie, genauso wie mein Bruder. Ich habe dir nie davon erzählt, aber es ist erblich. Verstehst du? Ich werde niemals zulassen, dass so etwas passiert.”

Wahrscheinlich hatte er seine Gründe für diese strenge Haltung. Unter anderen Umständen hätte Schenja das nachvollziehen können. Doch in diesem Moment sammelte sie all ihren Mut und sagte:

“Nein.”

“Was heißt nein?”, schrie er.

“Ich sagte: nein. Ich werde dieses Kind zur Welt bringen.”

Slawa war wütender als je zuvor. Für einen Moment glaubte Schenja, er würde sie schlagen. Doch stattdessen schlug er noch einmal gegen die Wand und verschwand aus ihrem Leben – ohne ein Wort. Da ihr Kontakt zu Ase fast erloschen war, sah sie Slawa lange Zeit nicht mehr.

Ase erfuhr zufällig von der Schwangerschaft, als sie Schenja auf der Straße begegnete. Natürlich hätte Schenja früher davon erzählen sollen, doch sie fand keine Kraft dafür. Sie fürchtete, Ase könnte es herausfinden.

“Das sind Neuigkeiten!”, staunte die Freundin. “Ich habe mich schon gewundert, wo du bleibst. Erinnerst du dich, wie wir damals von einer Schwangerschaft sprachen? Herzlichen Glückwunsch! Wer ist der glückliche Vater?”

“Nur ein Kollege aus der Arbeit”, log Schenja.

Merkwürdig, aber Ase glaubte ihr oder tat zumindest so.

“Tut mir leid für dich, in unserem Alter…”

Schenja wusste nicht, ob Ase es ernst meinte oder ihre kinderlose Lage damit kaschierte. Sie empfand Mitleid, doch konnte nicht verstehen, warum Ase Slawa weiterhin so bedingungslos folgte. Die Liebe war für Schenja an dem Tag zu Ende gegangen, als Slawa diese scharfen Worte gesprochen hatte.

Das Mädchen wurde gesund geboren. Schenja wusste, dass Krankheiten nicht sofort ausbrechen würden – wie eine tickende Uhr mit unsicherem Ende. Sie war bereit das Risiko einzugehen und bereute ihre Entscheidung keine Sekunde.

Zwei Jahre später begegnete sie Slawa zufällig bei einem Lauf. Er drehte sich um und lief weg in die entgegengesetzte Richtung…

Fazit: Diese Geschichte erzählt vom mutigen Entschluss, einer Liebe zu folgen, auch wenn sie verboten scheint und von Ängsten überschattet wird. Es zeigt, wie unverhoffte Begegnungen das Leben verändern und dass manchmal das Herz über Vernunft siegt. Schenja hat bewiesen, dass der Weg zu sich selbst und zum Glück oft steinig ist, aber auch von Entschlossenheit und Hoffnung geprägt wird.