Der Himmel über dem kleinen Dorf in der Toskana war wolkenverhangen, als Clara in ihrem cremefarbenen Hochzeitskleid das Gartentor öffnete. Neben ihr lief Leo – ihr alter Labrador, der sie seit ihrer Jugend begleitet hatte. Seine Bewegungen waren schwerfällig geworden, seine Schritte langsamer, doch sein Blick war klar – auf Clara gerichtet, wie immer.
„Heute ist dein großer Tag, Mama“, sagte Matteo, ihr Sohn aus erster Ehe, der die Leine locker in der Hand hielt. Leo hob kurz den Kopf, als wolle er zustimmen.
Clara war nervös. Nicht wegen der Trauung – sie wusste, dass Giulio der Richtige war – sondern wegen Leo. Die letzten Wochen waren hart gewesen: sein Herz schwächelte, sein Appetit ließ nach, und die Tierärztin hatte sanft gesagt, dass es nur noch eine Frage der Zeit sei.
Aber Leo hatte durchgehalten. Bis heute.
Der Garten war in Licht getaucht, als Clara durch den Mittelgang schritt. Die Gäste standen, als sie näherkam, und Giulio lächelte ihr vom Altar aus entgegen. Doch es war Leo, der plötzlich stehenblieb, seine Pfoten zitterten, sein Atem ging stoßweise.
Clara kniete sich sofort nieder, ihre Hände streichelten das zottelige Fell. „Danke, dass du da bist“, flüsterte sie, während Tränen über ihre Wangen liefen. Leo blickte sie an – kein Schmerz, nur Ruhe. Dann leckte er ihr noch einmal über die Hand, drehte sich leicht zu Giulio, als würde er ihn prüfen – und ließ sich langsam nieder, den Kopf auf Claras Kleid.
Alle schwiegen. Nicht einmal der Wind bewegte sich.
Giulio trat leise näher, legte eine Hand auf Claras Schulter und sagte nur: „Er hat seinen Teil getan. Jetzt sind wir dran.“
Nach einer Weile trugen Matteo und Giulio Leo gemeinsam in den blühenden Rosengarten hinter der Kirche. Dort legten sie ihn auf eine weiche Decke unter einem alten Olivenbaum – Claras Lieblingsplatz.
Die Trauung fand wenig später statt, nicht traurig, sondern erfüllt von Dankbarkeit.
Am Ende der Zeremonie kam ein Fremder – ein älterer Mann mit einer Kamera – auf Clara zu. „Ich habe diesen Moment zufällig festgehalten“, sagte er sanft. „Ich glaube, er gehört zu den schönsten Dingen, die ich je gesehen habe.“
Das Foto – Clara im Brautkleid, den Kopf an Leos Fell gelehnt, Giulio hinter ihr, schützend, bereit – ging später um die Welt. Doch für Clara war es nicht der Ruhm, der zählte. Es war das Gefühl, dass Leo sie zum Altar gebracht hatte – ein letztes Mal, mit der Kraft der Liebe.
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Ein letzter Gang für Leo
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