1990 wurden zwei kranke Kinder vor meiner Haustür abgelegt. Ich kümmerte mich um sie wie um meine eigenen, doch eines von ihnen konnte ich nicht retten.

1990 wurden zwei kranke Kinder vor meiner Haustür zurückgelassen. Ich kümmerte mich um sie wie um meine eigenen, aber ich konnte keins von ihnen retten.

„Glaubst du an Wunder, Maria?“ Fjodor setzte sich auf die Verandastufe und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Dass der Himmel deine Gebete plötzlich erhört?“

„Ich glaube an harte Arbeit und Ausdauer“, erwiderte Maria, berührte seine Schulter und erstarrte, während sie blinzelnd zum anderen Ende der staubigen Straße blickte. „Sieh mal …“

Die Julihitze hing wie geschmolzenes Glas in der Luft. Das Dorf wirkte unter der sengenden Sonne verlassen.

Durch den schimmernden Dunst tauchten langsam zwei kleine Silhouetten auf, die sich auf ihr Haus zubewegten. Fjodor kniff die Augen zusammen und schirmte die Augen mit der Hand ab. Kinder. Zwei Jungen stolperten Händchen haltend die Straße entlang, als wären sie erschöpft von einer langen Reise.

„Wessen Kinder sind das?“ Fjodor stand auf. „Ich habe sie hier noch nie gesehen.“

Maria eilte bereits zum Tor. Etwas in ihr regte sich – wie eine dünne Schnur, gespannt durch jahrelange Sehnsucht nach eigenen Kindern, die nie gekommen waren.

Die Jungen blieben stehen, als sie die Erwachsenen sahen. Beide waren gleich dünn und hatten den gleichen verlorenen Blick. Einer war etwas größer; der andere drückte ein altes, zerfetztes Spielzeug an die Brust.

„Wer seid ihr, Jungs? Habt ihr euch verlaufen?“ Maria hockte sich hin, um auf Augenhöhe mit ihnen zu sein.

Der größere Junge schwieg und starrte sie an. Der kleinere versuchte etwas zu sagen, doch nur ein undeutlicher Laut kam über seine Lippen. Sein Blick huschte umher wie der eines verängstigten Tieres.

„Sie sind … etwas Besonderes“, sagte Fjodor leise und trat näher. „Seht euch ihre Augen an.“

Die Kleidung der Jungen war schmutzig und an mehreren Stellen zerrissen. Einer von ihnen hatte einen getrockneten Kratzer auf der Wange. Sie sahen aus wie verlassene Welpen, dem Schicksal ausgeliefert.

„Hast du Durst?“, fragte Maria sanft.

Der Junge mit dem Spielzeug nickte und lächelte plötzlich – strahlend wie ein Sonnenstrahl, der durch schwere Wolken bricht. Maria nahm seine Hand. Es war heiß und trocken.

„Komm rein, da ist es kühler.“

Fjodor runzelte die Stirn, sagte aber nichts und ließ seine Frau die Kinder ins Haus führen. Drinnen duftete es nach frischem Brot und Kräutern. Die Jungen atmeten tief ein, und der mit dem Spielzeug lächelte wieder.

„Petja“, sagte er plötzlich und zeigte auf sich.

„Und du?“ Maria sah den anderen Jungen an.

„Wanja“, antwortete er fast unhörbar, flüsternd.

Fjodor tauschte einen Blick mit seiner Frau. Diese Kinder hatten etwas Ungewöhnliches an sich – ihr Blick, ihre Stimmen, ihre Bewegungen.

Am Tisch tranken die Jungen gierig Kwas und schütteten ihn sich übers Kinn. Maria schnitt sich Scheiben frisches Brot ab und bestrich sie mit Butter. Sie aßen langsam und hielten die Stücke unbeholfen in ihren kleinen Händen.

„Woher kommt ihr? Wo sind eure Eltern?“, fragte Fjodor, nachdem sie etwas gegessen hatten.

Petja schüttelte den Kopf, während Wanja auf den Tisch starrte.

„Wir wissen es nicht“, sagte Petja schließlich. „Sie haben uns hierhergebracht.“

„Wer hat euch gebracht?“

„Ein Mann“, antwortete Wanja. „Er sagte, wir sollen hier warten.“

Maria presste die Hand auf die Brust. Ihr Herz schmerzte bei der schrecklichen Erkenntnis – sie waren verlassen worden. Zurückgelassen in einem fremden Dorf, wo sie niemand kannte. In der Nähe ihres Hauses.

„Wie lange seid ihr schon hier?“, fragte sie sanft.

„Zwei Sonnen“, Petja deutete zum Fenster.

„Zwei Tage?“, keuchte Maria. „Wo hast du geschlafen?“

„Da drüben“, sagte Wanja und deutete auf den alten Schuppen.

Fjodor atmete schwer aus und drehte sich zum Fenster. Seine schwieligen Hände ballten sich zu Fäusten. Maria sah, wie sich seine Schultern anspannten.

„Wir müssen das dem Gemeinderat melden“, sagte er. „Wir müssen herausfinden, wer sie zurückgelassen hat.“

Maria setzte sich näher zu den Kindern. Ihre Augen – dasselbe warme Braun, mit goldenen Flecken – blickten sie mit einer Mischung aus Vertrauen und Angst an.

„Ihr bleibt erst einmal bei uns“, sagte sie. „Hab keine Angst.“

An diesem Abend, nachdem die Jungen im alten Gästezimmer eingeschlafen waren, saßen Fjodor und Maria draußen auf der Veranda. Der dunkle Himmel war mit Sternen übersät, die wie Zuckerkristalle funkelten.

„Was sollen wir tun?“, fragte Fjodor. „Sie sind nicht zufällig hier gelandet. Jemand hat sie direkt zu unserer Tür geführt …“
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