Ich kam wegen meines ERBE in die VILLA meines Onkels … Aber ich wurde von seinem eigenen Sohn empfangen, von dem niemand etwas wusste.

Als der Anwalt sagte:
— Sie werden am Samstag um zehn Uhr morgens auf Viktor Nikolajewitschs Anwesen erwartet, — nickte ich automatisch. Die Worte klangen so alltäglich, als hätte ich gerade ein Geschäftstreffen oder einen Arzttermin vereinbart. Doch in meinem Inneren rasten bereits die Gedanken.

Also … ein altes Anwesen außerhalb der Stadt. Ein modernes Herrenhaus, umgeben von hohen Tannen. Ein verlassener Garten, eine Bibliothek mit rissigen Einbänden, Ölgemälde, eine Porzellansammlung, die mein Onkel sein halbes Leben lang zusammengetragen hatte … Und, wenn die Gerüchte stimmten, ein antiker Flügel im Wert von mindestens einer halben Million Dollar. All das könnte jetzt mir gehören. Oder doch nicht?

Blutsverwandt war ich tatsächlich sein einziger Verwandter. Viktor Nikolajewitsch hatte nie Kinder; er lebte ein langes Leben allein, fernab vom gesellschaftlichen Lärm. Ein Schriftsteller, ein Musikliebhaber, ein Kenner guten Weins und ein Mann mit Macken – er war mir immer ein Rätsel. Wenn meine Mutter von ihm sprach, fügte sie oft hinzu: „Ein bisschen seltsam“, aber er war derjenige, mit dem ich als Kind Spaß hatte. Er erzählte Geschichten, spielte Klavier und kaufte mir ein Eis, selbst als Mama es verbot. Wir standen uns nahe – bis ich erwachsen wurde, bis er sich in sich selbst zurückzog und ich ihn nur noch als Namen in Familiengesprächen und auf seltenen Geburtstagspostkarten sah.

In den letzten Jahren ist fast nichts mehr zwischen uns geblieben. Nur ein paar Anrufe im Jahr und kurze Briefe in ordentlicher Handschrift, als schriebe er noch für die Veröffentlichung. Und jetzt – ein Testament. Und eine Einladung in das Herrenhaus, wie eine Eintrittskarte in die Vergangenheit, die echten Reichtum bringen könnte.

Ich kam in der Region Moskau an, mit einem Koffer voller Träume und einem leeren Herzen. Ich trug ein Kleid, das ich eher wegen der Kälte als aus dem Wunsch, beeindruckend auszusehen, anzog. Der Wagen hielt vor dem Tor. Ich näherte mich dem Haus und spürte, wie jeder Schritt vor Vorfreude in meiner Brust widerhallte. Und da – die Veranda. Alte, mit Moos bedeckte Steinplatten. Eine Türklingel über der Tür. Und auf der Schwelle – er.

– Hallo. Ich bin Artjom, – sagte der Mann mit einem leichten Lächeln. Seine Stimme war ruhig, selbstbewusst, ohne Betonung.

– Entschuldigung … wer? – fragte ich noch einmal, ohne sofort zu verstehen.

– Viktor Nikolajewitschs Sohn.

– Wessen?

Er stand da, eine Hand auf den Türrahmen gestützt, in der anderen eine Tasse kalten Tee. Groß, um die Dreißig. Weder jung noch alt. In einer schlichten Jacke, ohne Vortäuschung, ohne den Versuch, wichtig zu wirken. Keine Sicherheit, keine protzige Würde. Einfach ein Mensch, der, so schien es, nichts zu beweisen hatte.

– Inoffiziell, – fügte er nach einer Pause hinzu. – Wir haben unsere Beziehung nie öffentlich gemacht. Er half meiner Mutter bei meiner Geburt, erkannte die Vaterschaft aber nie offiziell an.

Ich erstarrte. Mir schwirrte der Kopf. In mir tobte ein Sturm, eine Mischung aus Wut, Unglauben und einem dummen Groll – warum ich? Warum wusste ich das nicht?

— Aber du … bist du sicher? — meine Stimme zitterte.

— Wir haben DNA, das Testament, Dokumente. Alles ist legal.

Ich fühlte mich erstickt. Die Luft um mich herum schien sich zu verengen. Ich erwartete zu hören, dass das Haus mir gehörte, dass die Bücher und Gemälde mir gehörten, dass ich alles verkaufen und ein neues Leben beginnen könnte. Stattdessen — ein Sohn. Unbekannt, plötzlich, wie ein Schlag aus dem Nichts.

— Warum wusste es niemand? Warum wusste ich es nicht?

Artjom antwortete erneut mit derselben Ruhe:

— Vielleicht, weil er es wusste: Für manche ist Geld wichtiger als ein Mensch.

Diese Worte trafen mich härter, als ich es mir hätte vorstellen können. Sie schnitten mir ins Herz wie eine Erinnerung daran, dass ich nicht wegen ihm hierhergekommen war. Nicht wegen meines Onkels. Nicht wegen der Wahrheit. Sondern wegen des Erbes.

Bei der Testamentseröffnung herrschte Stille. Der Anwalt räusperte sich, blätterte in den Papieren und sagte schließlich:

— Der Hauptteil des Erbes, einschließlich des Herrenhauses, der Sammlungen und der Immobilien, geht an Artjom. Viktor Nikolajewitsch hinterließ jedoch eine besondere Nachricht…

Er nahm einen Umschlag – alt, dick, mit einem Siegel, das längst seine Farbe verloren, aber seine Form behalten hatte.

— „Meiner Nichte Maria vermache ich das Wichtigste: Briefe. Und Bücher. Alles, was ich geschrieben habe – über mich, über dich, über unsere Familie. Damit du weißt, wer ich wirklich war.“

Kälte packte mich. Keine Gemälde, kein Klavier, keine Sammlerweine – Briefe. Gewöhnliche, handgeschriebene Seiten, die man nicht verkaufen, an die Wand hängen oder in einer Bank aufbewahren kann.

Ich wollte schreien. Protestieren. Sagen, dass es unfair war. Dass ich nicht wegen der Notizen gekommen war. Dass ich mehr verdiente. Ich wollte weg. Zurück nach Moskau und dieses Herrenhaus für immer vergessen. Aber irgendwie blieb ich.

Und weißt du, was ich getan habe? Ich begann, diese Briefe zu lesen.

Und in ihnen fand ich nicht nur den Onkel, an den ich mich aus meiner Kindheit erinnerte. Da war ein Mensch – lebendig, ängstlich, einsam. Der Angst hatte, missverstanden zu werden. Der still, aber tief liebte. Der einmal einer jungen Frau mit einem Kind begegnete, ihr Obdach, Arbeit und die Chance auf ein neues Leben gab. Und obwohl er nicht ihr rechtlicher Vater wurde, war er es doch im Grunde.

Artjom log nicht. Er war sein Sohn. Durch Blut – vielleicht. Aber ganz sicher – durch den Geist.

Einen Monat später kehrte ich in das Herrenhaus zurück. In meinen Händen – ein Kuchen nach dem Rezept meiner Mutter. In meinem Kopf – neue Gedanken. In meinem Herzen – ein seltsames