Mein eigenes Zuhause: Kein Platz für die Schwiegermutter

— Glaubst du, das Glück steht einfach vor der Tür und klopft? — Nastja stand in der Mitte der Küche mit einem Lappen in der Hand und betrachtete ihren Ehemann mit einem Blick, der Fremde bewirken würde. — Wartest du etwa immer noch darauf, dass jemand für uns entscheidet, wann wir aus diesem engen Raum entkommen können?

— Wir leben nicht in einem Käfig, sondern in einer eigenen Wohnung, — grummelte Michail, ohne den Blick von seiner Tasse abzuwenden. — Ich kann nichts dafür, dass dir alles nicht recht ist.

— Es ist nicht so, dass mir alles nicht recht ist, — erwiderte Nastja, drückte den Lappen aus und warf ihn in die Spüle. — Ich möchte einfach, dass wir atmen können, verstehst du? Dass wir nicht hören müssen, wie der Nachbar über uns seit drei Stunden bohrt und die Nachbarin nebenan ihre Katze anschreit.

— Atmen will sie, — Michail schnaubte, — öffne einfach das Fenster und atme.

Er sprach ruhig, aber sein Ton ließ in Nastja etwas zerbrechen. Dieser ständige Sarkasmus… früher schien er sogar amüsant, doch jetzt stellte er einen unerträglichen Nervfaktor dar.

— Michail, ich meine es ernst. Ich habe schon etwas gespart. Wir könnten anfangen, uns nach Optionen umzusehen. Zumindest einfach ein wenig umsehen, — sie versuchte sanfter zu sprechen, doch es klang angespannt.

— Ja, ja, — er streckte sich, blickte auf sein Telefon. — Sie will sich umsehen. Nach Häusern, Hypotheken, Problemen. Wir haben nicht mal genug Geld für eine neue Waschmaschine, und sie will ein Haus kaufen.

— Ich rede nicht von morgen! — platzte Nastja heraus. — Nur träumen, planen – das ist doch kein Verbrechen!

— Träumen ist kein Verbrechen, — grinste er. — Doch was bringt dir das Träumen, wenn ich das später alles aufräumen muss?

— Du musst überhaupt nichts aufräumen, — erwiderte sie kalt. — Alles, was wir haben, ist meine Arbeit, meine Überstunden, meine Nerven.

— Oh, hier fängt’s wieder an, — Michail lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. — Das klassische Klischee der Frau: „Ich mache alles alleine.”

— Ist das nicht der Fall? — Sie drehte sich um und sah ihm direkt in die Augen. — Wann hast du zuletzt etwas nach Hause gebracht? Oder einfach gefragt, wie mein Tag war?

Er schwieg, aber man sah ihm an, dass sie ihn getroffen hatte.

— Weißt du, Nastja, — sprach er schließlich, — mit dir kann man nicht reden. Du wirfst mir ständig Vorwürfe vor. Ich bin müde.

— Und ich bin müde, auf den Tag zu warten, an dem du leben möchtest, statt nur zu existieren! — entfuhr es ihr.

Nach diesen Worten fiel in der Küche Stille ein. Man hörte nur den Regen, der gegen das Fenster trommelte. Oktober, Grau, Kälte. Alles schien sich zusammenzuschließen, um ihre Stimmung zu drücken.

Michail stand auf, goß sich noch eine Tasse Tee ein und sagte, ohne sie anzusehen:

— Deine Träume, Nastja, sind wie Kredite. Ohne Rückzahlungsfrist.

Er verließ die Küche, hinterließ den Geruch von billigem Tabak und das dumpfe Geräusch der schließenden Tür.

Nastja stand regungslos da. Diese Äußerung hatte sie tiefer getroffen, als sie eingestehen wollte.

„Kredite… ohne Rückzahlungsfrist.”

Sie wischte die Krümel vom Tisch und spürte, wie ihr die Kehle zuschnürte. Er hatte nichts Neues gesagt, doch es war, als würde in ihr alles reißen.

Am Abend ging sie später als gewöhnlich ins Bett. Im Nebenzimmer flimmerte der Fernseher, Michail war mit dem Telefon in der Hand eingeschlafen. Nastja lag da, starrte an die Decke und dachte, ihr Eheleben erinnere an eine alte Decke: zwar noch warm, aber voller Löcher und reparieren wollte man es auch nicht mehr.

Am Morgen war alles wie gewohnt: Michail knallte die Tür zu, als er ging, und rief beim Hinausgehen „vergiss nicht, das Internet zu bezahlen”. Er hatte sich nicht einmal verabschiedet.

Nastja stellte den Wasserkocher ein und nahm ihr Notizbuch heraus – alt, abgenutzt, mit umgeknickten Ecken. Auf der ersten Seite stand eine sorgfältig aufgeschriebene Ausgabenliste. Darunter eine kleine Notiz: „für ein Haus sparen”.

Dieser Satz war wie ein geheimes Mantra. Nastja wiederholte ihn jedes Mal, wenn sie auch nur ein wenig Geld beiseitelegte – zehntausend, fünfzehntausend. Fünf Jahre – achthunderttausend. Alles alleine. Ohne Ehemann. Ohne Hilfe. Ohne Unterstützung.

Manchmal stellte sie sich vor, wie sie zusammen Tee auf der Terrasse ihres eigenen Hauses trinken: Sonne, Stille, Duft von Apfelbäumen. Er grummelt, sie lacht.

Aber je älter ihre Ehe wurde, desto weiter schien dieses Bild zu verblassen.

In den letzten Monaten hatte Michail wie abwesend gewirkt. Wortlos, untrennbar mit seinem Telefon, leicht gereizt bei jeder Kleinigkeit.

— Michail, lass uns doch für das Wochenende aufs Land fahren, — schlug Nastja einmal vor. — Einfach mal durchatmen.

— Ich habe viel zu tun, — warf er kurz zurück.

Sie nickte. Aber tief in ihrem Inneren wusste sie schon: Es lag nicht an der Arbeit. Es gab einfach nichts mehr, über das sie reden konnten.

Ein paar Wochen später kam das Leben mit einem Schlag, der Nastja den Kopf verdrehte.

Die Stadtverwaltung rief an: Ihre Großmutter war verstorben und hatte ihr ein Erbe hinterlassen. Nastja saß im Büro, hörte die Stimme des Rechtsanwalts und konnte es nicht glauben. Zwei Millionen dreihunderttausend. Echte, nicht im Traum.

Zuerst dachte sie, es sei ein Fehler. Dann kam ein Schreiben des Notars – es war alles bestätigt.

Am Abend, zitternd vor Aufregung, erzählte sie es Michail.

— Michail, stell dir vor, die Großmutter… sie hat mir Geld hinterlassen. Echte! Wir können ein Haus kaufen! — sagte sie, nicht in der Lage, ihr Lächeln zu verbergen.

Michail hob nicht einmal den Kopf von seinem Laptop.

— Glückwunsch, — antwortete er trocken. — Aber beeil dich nicht mit dem Ausgeben.

— Nicht ausgeben! Kaufen. Ein echtes Haus, Michail. Mit Garten, Bad, alles wie ich es wollte!

Er warf ihr einen flüchtigen Blick zu.

— Aha. Aber schau dir keinen Schrotthaufen an.

Und wieder wandte er sich dem Telefon zu.

Nastja fühlte sich, als hätte man sie gegen eine Wand gestoßen. Die Freude verpuffte sofort wie Staub.

Sie stritt nicht mehr. Setzte sich einfach auf die Couch und schaltete den Laptop ein. Unter dem Punkt „Immobilien”. Ihre Finger zitterten, aber ihr Herz klopfte – zum ersten Mal seit langer Zeit – nicht vor Wut, sondern vor Hoffnung.

Nach ein paar Tagen fand sie die eine Option. Ein Haus im Vorort, vierzig Minuten mit dem Zug. Drei Zimmer, Bad, Garten. Alt, aber stabil. Der Preis – drei Millionen.

„Wenn ich die Ersparnisse hinzufüge, wird es reichen”, — rechnete sie.

Am Wochenende fuhr sie hin, um es sich anzusehen. Der Herbst war wirklich da – nasse Blätter, der Geruch von Feuchtigkeit, der Himmel niedrig wie die Decke in einer alten Plattenbauwohnung.

Aber das Haus… das Haus wirkte lebendig. Klein, ordentlich, mit geschnitzten Rahmen und einem Apfelbaum im Hof. Die Eigentümerin – eine ältere Dame, müde, freundlich, mit einer Stimme wie ein warmer Wollschal.

— Ich habe hier vierzig Jahre gelebt, — sagte sie. — Aber jetzt gehe ich zu meiner Tochter nach Krasnodar. Das Haus ist gut, stabil, es gibt keine Feuchtigkeit. Der Ofen funktioniert, das Dach ist neu.

Nastja hörte zu, während sich in ihr alles drehte. Ihr Platz. Ihr Haus.

Am Abend zeigte sie Michail die Fotos.

— Sieh dir das an! Und günstig.

Er sah sich die Bilder an, ohne sein Telefon wegzulegen.

— Ist ja weit weg.

— Aber dafür ist es ruhig.

— Na ja, wenn es dir gefällt, kauf es, — warf er gleichgültig ein.

Sie hörte kein Einverständnis, sondern Distanz. Aber dennoch flammte in ihr das Licht auf: „Egal. Ich mache es trotzdem.”

Eine Woche später war der Vertrag unterzeichnet. Das Haus wurde auf ihren Namen eingetragen. Ohne Michail. Alle Unterlagen waren sauber, der Notar hatte es bestätigt.

In den ersten Tagen lebte Nastja wie im Traum. Alles um sie herum war neu – der Geruch von Holz, das Knistern des Ofens, das Rauschen des Winds draußen. Selbst der Tee auf dem alten emaillierten Herd schien besser zu schmecken.

Michail kam ein paar Mal vorbei, stand im Hof und wirkte gelangweilt. Telefon, Zigarette, Schweigen.

— Hilf mir, die Bretter reinzutragen, — bat Nastja.

— Ja, gleich, einen Moment.

Ein Moment wurde zu Stunden. Dann hörte sie auf zu fragen. Sie macht alles alleine – mit lackierten Händen, knienden im Staub, aber mit dem Gefühl, dass sie endlich lebte.

Als alles fertig war – Vorhänge, Regale, die Lampe über dem Tisch – nahm Nastja ihren Mut zusammen:

— Michail, wie wäre es, wenn wir umziehen? Alles fertig. Sogar das Internet haben wir jetzt.

Er zuckte mit den Schultern:

— Mal sehen. Ich habe viel zu tun.

— Wieder? — fragte sie leise.

— Ja. Fang nicht an, okay?

Sie fing nicht an. Sie nickte einfach und ging schlafen.

Aber in ihr brannte alles.

Eine Woche später zog sie schließlich alleine um. Mit Taschen, der Katze und einem Thermos mit Tee. Die erste Nacht verbrachte sie auf einer Matratze, während der Wind raschelte und der Ofen knackte.

Am Morgen schaute sie aus dem Fenster – über dem Apfelbaum Nebel, im Gras Raureif. Ihr Herz zog sich zusammen: „Da ist es. Meins.”

Die Nachbarn nahmen sie herzlich auf. Eine Frau, etwa fünfzig Jahre alt, dicklich und in Gummistiefeln, schaute über den Zaun.

— Die neue Hausherrin, oder?

— Ja, ich bin’s. Nastja.

— Ich bin Marina. Hier ist es ruhig. Wenn du etwas brauchst – Tee, Zucker, Gespräche, immer gerne.

Nastja lächelte – lange hatte mit niemanden mehr so einfach gesprochen.

Von da an verlief alles seinen Gang. Arbeit, Zugfahrt, Abende mit einem Buch und einem Teekessel. Sie rief Michail an – er war ständig „beschäftigt”.

Manchmal nur Besetztzeichen. Manchmal ein trockenes „mal sehen”.

Und je leiser die Gespräche wurden, desto lauter wurden ihre Gedanken: „Er geht. Nicht heute, dann morgen.”

Nastja versuchte, nicht daran zu denken. Aber nachts – das ist eine tückische Zeit. Wenn es draußen dunkel und der Ofen knistert, schossen die Gedanken in ihren Kopf wie Mäuse in einen Vorratsschrank.

Nummer – Schwiegermutter.

— Nastja, hallo, — die Stimme klang klebrig wie kalter Kirschkompott. — Ich habe gehört, ihr seid jetzt in ein Haus gezogen?

— Ja, ich.

— Und Michail ist noch in der Stadt?

— Ja, derzeit ja.

— Ich dachte schon, zusammen. Na ja, nichts, alles wird sich schon einpendeln. Wichtig ist, dass das Haus beaufsichtigt wird.

— Es wird beaufsichtigt, — antwortete Nastja kühl.

— Nun, kleine Marie, vergiss nicht, Michail ist unser verantwortungsvoller Junge. Er wird die Familie nicht im Stich lassen.

Nastja drückte das Telefon fester.

„Die Familie wird er nicht im Stich lassen…”

Im ton der Schwiegermutter spürte sie, dass sie mehr wusste, als sie preisgab.

Und eine Woche später kam das „Mehr” persönlich zu Nastja.

Samstag. Es schneite leicht, der graue Himmel hing wie eine alte Decke. Nastja wischte den Boden in der Küche und summte vor sich hin – entweder um nicht nachzudenken oder um sich nicht von dieser klebrigen Stille mitreißen zu lassen.

Plötzlich hörte sie den Motor draußen. Laut, großspurig. Da war kein Zweifel. Michail.

Sie sah hinaus – und hätte fast den Lappen fallen gelassen.

Er stand da. In einer Jacke, unrasiert, seine Augen sahen aus, als hätte er eine Woche nicht geschlafen. Und neben ihm… eine Gestalt in einer Daunenjacke, mit einem Kopftuch, mit einer Tasche. Tamara Petrowna persönlich.

— Mein Gott, — entfuhr es Nastja. — Es geht los.

Sie trat auf die Veranda, machte ein Kreuz.

— Nun?

— Hallo, — sagte Michail, ohne ihr ins Gesicht zu schauen. — Wir müssen reden.

— Ich sehe das. Lass uns gleich ohne Umschweife beginnen.

Sie gingen in die Küche. Nastja bereitete Tee, doch niemand rührte sich. Die Luft war gespannt, als wäre sie im Begriff zu zerreißen.

— Mama… — begann Michail. — Also, sie hat keinen Platz zum Leben. In der Wohnung ist Feuchtigkeit, Schimmel, die Decke leckt. Die Ärzte haben gesagt – das ist schädlich.

— Und? — Nastja sah ihn direkt an und blinzelte nicht.

— Ich habe mir gedacht, sie könnte hier wohnen. Vorübergehend. Bis sie eine Wohnlösung findet.

Sie konnte nicht sofort glauben, dass er das gesagt hatte.

— Warte mal, — sprach Nastja langsam. — Ist das ein Witz?

— Warum reagierst du gleich so? — fiel er ihr ins Wort. — Mama ist doch nicht fremd. Das Haus ist groß, du bist allein, es ist genug Platz.

— Das ist mein Haus, — antwortete sie leise.

— Ja, ich bestreite das nicht. Aber warum beharrst du so? Es ist Familie.

— Familie? — Nastja schnaubte bitter. — Soll ich also deine Mutter in mein Haus lassen, weil es „Familie” heißt?

— Nastja, übertreib nicht, — Michail begann zunehmend die Geduld zu verlieren. — Mama ist in einer schwierigen Lage, sie braucht Hilfe.

— Helfen kannst du, — schnitt sie ab. — Das ist deine Mutter.

Er runzelte die Stirn:

— Ich verstehe das Problem nicht. Na und, wenn sie hier lebt, und was?

— Das Problem ist, dass du nicht einmal nach meiner Erlaubnis gefragt hast, — sagte Nastja scharf.

— Ich wollte dir nur Bescheid sagen. Damit es nicht überraschend kommt.

— Bescheid sagen? — schnitt sie ihn an. — Das heißt, du hast bereits alles entschieden, ja? Bleiben nur noch die Dinge zu bringen?

Er sah sie von unten an.

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— Nastja, fang nicht schon wieder an. Ich bin zwischen euch.

— Weil du feige bist, — sagte sie ruhig. — Und es dir leichter fällt, deiner Mutter nachzugeben, als ehrlich mit mir zu reden.

— Lass die persönlichen Angriffe weg, — sprang er auf. — Ich versuche nur, einem Menschen zu helfen!

— Helfen kannst du. Aber nicht auf meine Kosten.

Stille. Er stand da und atmete schwer, bevor er murmelte:

— Mama ist heilig. Und wenn du nicht das Herz hast, sie hier aufzunehmen, dann werde ich sie selbst umsetzen.

Nastja sah ihm in die Augen.

— Versuche es, — sagte sie leise. — Versuche es.

Er erstarrte. Sein Blick wurde eisig.

— Du lässt mir keine Wahl.

— Und du mir nicht.

Michail packte schweigend seine Sachen. Er beschimpfte sie nicht einmal. Er ließ nur als Abschiedsworte fallen:

— Du hast unsere Ehe selbst ruiniert.

— Du hast sie früher ruiniert. Nur wollte ich das früher nicht sehen.

Er fuhr weg. Draußen hing der Geruch von Benzin und Einsamkeit.

Nastja stand lange auf der Veranda, bis der Schnee die Treppe mit einer dünnen Schicht bedeckte.

Am dritten Tag kam ein Anruf.

Die gleiche Stimme – klebrig wie kalter Gelee:

— Nastja, ich bin es, Tamara Petrowna. Ich komme morgen vorbei, um das Haus zu sehen.

— Was heißt das – vorbeikommen? — Nastja hätte fast ihr Telefon fallen gelassen.

— Was ist daran so schlimm? Ich muss ja schließlich verstehen, wo ich wohnen werde.

— Sie werden hier nicht wohnen, — wiederholte Nastja betont.

— Mädchen, überreagiere nicht. Michail hat gesagt, du bist einfach aufgebracht.

— Sag deinem Sohn, — sprach Nastja ruhig, aber mit Stahl in der Stimme, — dass, wenn ihr ohne meine Erlaubnis auf mein Grundstück kommt, ich die Polizei rufen werde.

Pause. Dann ertönte ein kaltes Lachen:

— So? Nun, lass dich überraschen.

Und sie schauten wirklich.

Morgen. Frostig, die Luft knistert. Nastja hatte den Ofen angeheizt, Kaffee gemacht und glaubte fast, dass alles geregelt sei. Und plötzlich wieder: der Motor heult.

Sie schaute hinaus – „Lada”. Michail. Und daneben – die Schwiegermutter.

Sie war ernsthaft, als ob sie gekommen sei, um zu überprüfen, wie es die Haushälterin macht.

— Was? Kannst du nicht einmal das Tor öffnen? — sagte Tamara Petrowna laut. — Es ist kalt!

— Ich öffne nicht, — antwortete Nastja ruhig. — Ihr seid vergebens hier.

— Hör auf, — warf Michail ein. — Wir hatten doch eine Vereinbarung.

— Wir hatten keine Vereinbarung, — unterbrach Nastja ihn. — Ich habe „Nein” gesagt.

— Nastja, du benimmst dich, als wäre ich ein Fremder.

— Doch du bist einer geworden.

Er schwieg. Tamara Petrowna näherte sich dem Zaun und sah Nastja an, als ob sie eine Dummheit wäre:

— Ach, Nastjuschka, ich bin ja kein Feind. Ich helfe dir. Im Garten kümmere ich mich um die Ordnung, kümmere mich um die Blumen.

Nastja schmunzelte:

— Helfen? Das heißt, du planst, hier zu leben.

— Nun, das Haus ist groß, und ich bin ein einfaches Mensch. Ein kleiner Platz genügt mir.

— Nein, — sagte Nastja entschieden. — Es wird keine kleinen Plätze geben.

— Ich sehe, du hast einen starken Charakter, — spottete die Schwiegermutter. — Männer haben Angst vor solchen.

— Sie sollen Angst haben, — antwortete Nastja gelassen.

Michail trat näher zum Tor:

— Nastja, hör auf, stur zu sein. Mama kann hier nicht leben, und hier ist Platz.

— Der Platz ist leer, weil du nicht dort lebst.

Er seufzte durch die Zähne:

— Du verstehst nicht. Sie hat gesundheitliche Probleme…

— Ich verstehe alles, — unterbrach sie ihn. — Aber das ist kein Grund, dort zu sein, wo du nicht willkommen bist.

Für einen Moment standen sie wie in einer Falle. Dann seufzte Tamara Petrowna theatralisch:

— Lass uns gehen, Sohn. Sie braucht mich nicht. Lass sie alleine leben, stolz.

Michail schaute Nastja an – sein Blick wirkte müde, fast mitleidig.

— Du verstehst nicht, was du tust.

— Ich verstehe. Endlich verstehe ich, — sagte sie und schloss das Tor direkt vor seinem Gesicht.

Am Abend saß Nastja in der Küche, eingekuschelt in eine Decke. Es war still im Haus, lediglich die Uhren tickten.

Ein Nachrichtensignal blinkte auf dem Telefon:

„Du hast alles selbst kaputt gemacht. Ich werde klagen.”

Sie schmunzelte.

„Welches Eigentum, Michail? Das Haus gehört mir.”

Doch sie fühlte sich dennoch unbehaglich. Nicht wegen des Gerichts – sondern wegen dessen, wie tief er gefallen war.

„Wenn jemand dich nicht kontrollieren kann – versucht er, dich zu brechen”, – fiel ihr der Satz aus einem alten Film ein.

Und wie zutreffend.

Eine Woche später erhielt sie einen Brief vom Gericht.

Nastja fuhr in die Stadt und setzte sich in ein altes Gebäude mit abblätternden Wänden.

Bei der Sitzung war natürlich Michail dabei. In einem Anzug, aber mit Augen wie die eines gehetzten Tieres.

Der Anwalt las die Dokumente vor:

— Das Haus wurde auf persönliche Mittel von Bürgerin Orlova Anastasia Sergeevna erworben, bestätigt durch Erbschaftsdokumente und Kontoauszüge.

Der Richter spricht das Urteil:

„Die Klage wird abgewiesen. Das Haus bleibt im Eigentum der Beklagten.”

Michail erbleichte, als hätte man ihn aus dem Schlaf gerissen.

Als sie im Flur herauskamen, trat er auf sie zu.

— Na, bist du zufrieden?

— Nicht das Wort, — antwortete Nastja.

— Es hätte auch nach dem Guten gehen können.

— Nach dem Guten ist, wenn Respekt vorhanden ist, — sagte sie. — Und den hatten wir nicht.

Er presste die Lippen zusammen.

— Du bist anders geworden. Kalt.

— Nein, Michail, — sie schmunzelte. — Ich bin einfach nicht mehr bequem.

Er wandte sich ab, flüsterte:

— Viel Glück, Nastja.

— Dir auch, — antwortete sie gelassen.

Und das war’s.

Keine Schreie, kein Drama, keine Feuerwerke. Einfach – Ende.

Als sie nach Hause zurückkehrte, ging Nastja lange durch die Zimmer. Jedes Detail erinnerte sie daran: das alles gehört ihr. Nicht gemeinschaftlich, nicht „gemeinsam”, sondern ihr.

Sie schaltete das Licht ein, öffnete die Vorhänge – die Sonne kämpfte sich durch die Wolken und fiel in goldenen Flecken auf den Boden.

Der Garten glitzerte im Frost, der Ofen knackte, die Luft roch frisch und friedlich.

Nastja holte ihr Notizbuch heraus, das, in dem sie früher ihre Ausgaben aufschrieb.

Der letzte Satz: „Für ein Haus sparen”.

Sie fuhr mit dem Finger darüber und strich ihn durch.

Fürs Sparen braucht sie nicht mehr.

Der Frühling kam unbemerkt. Der Schnee schmolz, der Apfelbaum blühte, die Nachbarn stellten die Bänke in die Sonne.

Nastja trat morgens mit einer Tasse Kaffee nach draußen und beobachtete, wie die ersten grünen Triebe aus der Erde sprießen.

Die Nachbarin Marina winkte über den Zaun:

— Und, Nastja, hast du dich schon an dein Haus gewöhnt?

— Ja, ich habe mich gewöhnt, — lächelte sie. — Es ist jetzt wirklich meins.

— Richtig, — nickte Marina. — Wichtig ist, lass niemanden herein, der dreckige Füße hat.

— Oh, das habe ich schon verstanden, — schmunzelte Nastja.

Sie lachten beide – leicht, weiblich, ohne Gehässigkeit.

Am Abend saß sie auf der Terrasse und betrachtete, wie die Sonne hinter die Dächer verschwand. Die Luft war warm, roch nach Rauch und frischer Erde.

Nastja nahm einen alten Blatt Papier und schrieb:

„Ein Haus ist nicht nur vier Wände. Es ist der Respekt zu sich selbst.”

Sie legte den Stift nieder und atmete tief durch.

In der Brust wurde es ruhig – nicht aus Glück, sondern aus Klarheit.

Sie schaute auf den Weg, den Michail einmal gegangen war.

Nun wartete sie nicht mehr. Fürchtete sich nicht.

Einfach leben.

In diesem Haus, in dieser Stille, mit diesem neuen Ich – dem wahren.

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